"Städtebauliches Juwel"

Spätbarocker Immobilien-Schatz wird wachgeküsst

23.8.2019, 16:00 Uhr
Spätbarocker Immobilien-Schatz wird wachgeküsst

© Foto: Edgar Pfrogner

Die Bäumenstraße ist gesäumt von Baudenkmälern. Geschichtsträchtige Gasthäuser wie "Stadtwappen" und "Schilderwach", etliche Wohngebäude, das Amtsgericht: In der auf den ersten Blick unspektakulären Parallel-Verbindung zur Königstraße macht die "Denkmalstadt Fürth" ihrem Namen alle Ehre.

Dass eines Tages auch das heruntergekommene Anwesen an der Ecke zur Schirmstraße in dieser Reihe ein Blickfang sein könnte, dürfte Passanten bislang kaum aufgefallen sein. Der Grund: Mehrere Fensteröffnungen und ein Seiteneingang sind vor langer Zeit hinter Mauersteinen und Putz verschwunden, nach außen wirkt das Ganze wie eine angegraute Stadtmauer, an der man achtlos vorübergeht.

Bei einem Pressetermin im noch gepflasterten Innenhof schwärmte Oberbürgermeister Thomas Jung nun von einem "städtebaulichen Juwel", von dem auch er, der seit 17 Jahren vom Rathaus aus herüberblicken kann, nichts geahnt habe. Jung nannte es eine "traumhafte Entdeckung", dass Teile der ländlich anmutenden Hofanlage, die aus Wohngebäuden und Stallungen besteht und die er mit dem Stadlershof am Grünen Markt vergleicht, Jahrhunderte unverändert geblieben seien.

Inzwischen verstellt ein Gerüst den doppelflügeligen Eingang der Bäumenstraße 14, über dem sich ein Korbbogen aus Sandstein wölbt. Und aus dem Innenhof ragt ein Kran auf, der demnächst Hilfe leisten soll, wenn ringsherum die Dächer ab- und neu gedeckt werden.

Anfang 2018 haben die Gebäude, die sich um den Hof gruppieren, den Besitzer gewechselt. Das Ehepaar Andreas Striezel und Gisela Bolbecher, das in Erlangen eine Tierarztpraxis betreibt und schon in der Fürther Maxstraße das Haus Nummer drei sanieren ließ, erwarb es von einer Erbengemeinschaft. Striezel sagt, er liebe Altbauten und trage gern zu ihrem Erhalt bei. Für die Modernisierung veranschlagt er einen "einstelligen Millionenbetrag".

Partner war und ist bei beiden Objekten Andreas Labs von der hiesigen AL Immobilien Projektentwicklung GmbH & Co. KG, die zurzeit auch zwei Objekte ganz in der Nähe umbaut: In der Königstraße 115 (vormals Ballett-Centrum) und 117 (Gardinen Maiwald) sollen insgesamt 32 Wohnungen entstehen. Das Barock-Ensemble an der Bäumen-, Ecke Schirmstraße stammt aus dem Jahr 1742. Ein Teil der Räumlichkeiten war bis zum Rückbau, der laut Labs Schritt für Schritt in enger Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde erfolgte, bewohnt, ein anderer Teil stand seit Jahrzehnten leer.

Statik als Herausforderung

Als eine der großen Herausforderungen bei der Instandsetzung hat sich die Fassade zur Bäumenstraße entpuppt. Denn, so Labs: "Die baucht sich aus." Zur Sicherung müssen aus statischen Gründen Zuganker eingesetzt werden. Im unteren Bereich der Gebäude wollen die Investoren unter Heraklitplatten lange Zeit versteckte Sandsteinfassaden freilegen, sie wollen das ein oder andere Fenster reaktivieren, die alten Kohle- und Ölheizungen auswechseln, Fensterläden instandsetzen, morsche Balken restaurieren.

Spätbarocker Immobilien-Schatz wird wachgeküsst

© Foto: Ferdinand Vizethum/städtebilder verlag

Das nach einem Brand einst notdürftig geflickte Dach eines der Häuser wird von diesem Provisorium befreit und um eine Etage aufgestockt. So erhält das Gebäude seine ursprüngliche Höhe zurück, obenauf entstehen Dachgärten.

Beim Rundgang über steile Stiegen und knarrende, mit Steinschutt übersäte Bretterböden wird deutlich, dass noch viel Arbeit investiert werden muss, bis hier neues Leben einkehren kann. Bis Ende 2020 sollen sechs Mietwohnungen mit Wohnflächen zwischen 55 und 97 Quadratmetern und vier Stadthäuser (58 bis 154 Quadratmeter) entstehen.

Autos sollen im Hof künftig gar nicht mehr abgestellt werden. Geplant seien Fahrradstellplätze, sagt Striezel, und auch eine Ladestation für E-Bikes. Den Innenhof wollen er und seine Frau begrünen und in eine kleine Ruheoase verwandeln. Projektentwickler Labs erklärt, das ganze Pflaster werde entfernt. Er erwähnt einen "großen Baum", der hier einmal stehen soll, und einen "schönen Brunnen". Man kann es sich gut vorstellen, denn schon jetzt ist es hier, mitten in der Stadt, erstaunlich still.

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