Spurensuche auf dem Boden der Tatsachen

7.5.2015, 11:00 Uhr
Spurensuche auf dem Boden der Tatsachen

© Foto: Tim Händel

Mutter und Tochter. Das ist eine Paarung, die Bände füllen kann. In diesem Fall sind es Wände. Und das in augenscheinlicher Harmonie. Das titelgebende Motto des verwandtschaftlichen Künstlerinnen-Treffs heißt diesmal „Schneider meets Schneider – SMS“ und macht vieles möglich.

Eingelöst wird in dem Ausstellungsraum, der Teil des ehemaligen Fürther Flussbades war, zunächst einmal ganz schlicht das Treffen der beiden Frauen. Je eine Schau-Wand hat jede für sich alleine, zwei weitere teilt man sich gerecht – und zudem stimmig – auf.

Die Fotografien, die Edda, die Mutter, mitgebracht hat, sind bodenständig. Was wörtlich genommen werden darf. Sie hat ihr Augenmerk auf Fußbeläge gerichtet und aus dem großen Ganzen zahlreiche Details herausgelöst. Eine sensible Beobachtung, die etwa Auf AEG an der Stadtgrenze oder in der ehemaligen Quelle-Versandhalle über den ästhetischen Reiz hinaus Wirkung entfaltet.

Es finden sich ebenso Spuren von Maschinen, die dort befestigt waren, wie deutlich erkennbare Versuche, die Vergangenheit abzutragen. Dazu gehören zum Beispiel die Furchen, die beim allzu heftigen Glätten der von vielen Arbeitsjahren gezeichneten Flächen entstanden. In den Ausschnitten, die Edda Schneider aufgenommen hat, entwickeln die Details eine neue Wirklichkeit und ähneln nun erstaunlicherweise Radierungen oder Tuschezeichnungen.

Dazu gesellt sich eine weitere Werkreihe der 77-Jährigen, deren Atelier-Werkstatt in der Herrnstraße zu Beginn des Jahrtausends zu den wichtigsten und umtriebigsten Kunst- und Kulturadressen der Kleeblattstadt zählte: Reste von schwarzer Pappe, die, in Wasser eingelegt, Form und Beschaffenheit geändert haben, sind zur Betrachtung bloßgelegt worden und bilden ganz nebenbei einen unaufgeregten Übergang zu den Arbeiten von Susa Schneider.

Quadratisch im Format und, ja, praktisch ist, was sie sich ausgedacht hat. In Zeiten von Fülle und Enge allenthalben hat sie eine andere Art von Wechsel-Bildern mitgebracht. Ihre Aufnahmen sind auf Magnetfolie gedruckt, die an Metallträgern haften, Susa Schneider ließ sie von einem Schweißer im passenden Format anfertigen. Die relativ kleinformatigen Fotos lassen sich nun mit einer Handbewegung austauschen und neu kombinieren. Zu sehen sind Details, die entfremdet von ihrem Kontext eine neue Bedeutung gewinnen – oder einfach dekorativ sind.

Fehlfarben inklusive

„Die Aufnahmen habe ich alle mit dem iPhone 4 gemacht“, sagt die 52-Jährige. Anfänglich aufgetretene Fehlfarben bezieht sie dabei als Gestaltungsmerkmal ein und schlägt auf diese Weise noch einmal einen Bogen zu den Arbeiten von Edda Schneider, die den Fokus auf die Beobachtung legt und auf Eingriffe in ihre Objekte weitgehend verzichtet.

Das passt. Sagen die beiden, und,dass die Mutter-Tochter-Konstellation in ihrem ausstellenden Zusammenwirken keine Rolle spielt.

Was sie aktuell beschäftigt, macht Edda Schneider klar, ist sowieso ein ganz anderes Thema jenseits der Badstraße. Sie gehört zu den Clinc-Künstlern, die in der ehemaligen Kinderklinik Räume fanden. Ende Juni ist wie berichtet Schluss, das Gebäude wird abgerissen. Ihr Appell heißt: „Wir suchen dringend neue, bezahlbare Atelierräume.“

„Schneider meets Schneider — SMS“: Siehe „Fürther Kunststücke“ auf dieser Seite.

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