Spurensuche: Fürth in Texten und Geschichten

23.10.2019, 11:39 Uhr
Spurensuche: Fürth in Texten und Geschichten

© Berny Meyer

Die Muse der Dichtung war bislang der Kleeblattstadt nicht allzu hold. Kein Literaturnobelpreisträger wohnt in ihren Mauern, kein Gedicht von Rang preist ihre Auen. Jakob Wassermann hatte seiner Geburtsstadt den Rücken gekehrt. Aber einen Anknüpfungspunkt zur Weltliteratur gibt es doch: Immerhin ist Sten Nadolny mit seinem "Ullsteinroman" ein ansehnlicher Nachfolger der "Buddenbrooks" gelungen.

Aber da gibt es sicher noch mehr? Die Mitglieder des Literaturtreffs des Altstadtvereins unter der Federführung von Karin Heinzler, Rainer Ziegler, Annette Schmelzer und Renate Jesussek haben tief in ihren Bücherregalen gewühlt und einige literarische Würdigungen zu Tage gefördert, die sie nun in ihrem "Kulturschutzgebiet" Freibank am Waagplatz vor einem interessierten Publikum im gesetzten Alter vortrugen.

Wie nähert man sich als Neuankömmling Fürth? Am ehesten und zeitgemäß bedingt per Internet. Der NN-Mitarbeiter Bernd Noack hatte sich vor einigen Jahren auf eine "Spurensuche" durch Fürth begeben. Ein Kapitel aus diesem Buch widmet sich dem "Cyberflanieren". Wie also präsentiert sich Fürth? Nach den Begrüßungsseiten der Stadt und dem Wikipedia-Titel zeigt sich gleich im fünften Eintrag ein Känguru. Es gehört zum Tierpark eines anderen Fürth, irgendwo in Hessen. Und da haben wir schon die leidige Verwandtschaft, all die gleichnamigen und ähnlich lautenden Fürths und Furts.

Kein Idyll

Was aber macht unser Fürth so unverwechselbar? Klar: die Gustavstraße! Gerd Scherms Erinnerungen an "Die Karpfenburg" widmen sich den schönen fünfziger Jahren, als die US-Panzer auf Armeslänge an den Fenstern vorbeirasselten, als man sich in Mansarden zwängte und das Plumpsklo ein Stockwerk tiefer lag.

Noch ein bisschen weiter zurück, und die Verhältnisse sind gar nicht mehr so idyllisch. Da wurden kleine Mädchen von ihren Altersgenossen drangsaliert und verprügelt, bloß weil sie Jüdinnen waren. Ruth Weiss hatte das Glück, rechtzeitig auszuwandern und später auf Schicksalsgenossinnen zu treffen ("Wege im harten Gras").

Und heute? Heute erfährt die Südstadt eine ungeahnte Aufwertung ("Auf in den Süden" von Karin Jungkunz), wird natürlich auch der Quelle und ihres Gründers Gustav Schickedanz gedacht. Dass dessen Biographie knapp ein Jahr nach der Insolvenz erschien, nennt man wohl Ironie der Geschichte.

Die größte Überraschung stammt jedoch von einem literarischen Amateur. Aus dem Sammelband einer Schreibwerkstatt von Flüchtlingen ("Ankommen in Fürth") ragt der Text eines Syrers heraus. Für ihn ist Fürth nicht nur die sicherste Stadt in Deutschland, sondern auch die freundlichste. Deren Bewohner verlorene Wertsachen aufs Fundbüro bringen. Deren Busfahrer Behinderten beim Einsteigen helfen. Dessen Rathaus prunkt, als wohne dort der Kaiser. "Ich verstehe nicht, dass Fürth nicht berühmt ist", wundert sich der Autor. Da ist er nicht der einzige.

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