Waagplatz: Jugend bekommt eine "Agentur für Demokratie"

14.7.2019, 10:00 Uhr
Waagplatz: Jugend bekommt eine

© Stadt Fürth

"Mariechen" hat der Altstadtverein das Häuschen in der Waagstraße 3 getauft. Nach der früheren Besitzerin, Maria Höfler, die die gute Seele am Waagplatz gewesen sei, wie der Vorsitzende Siegfried Meiner erzählt. 2018 verstarb sie mit 95 Jahren.

Im selben Jahr entschied sich der Altstadtverein, eines zu verhindern: dass das Mariechen – ein klassizistisches Geschäftshäuschen, das 1840 direkt vor ein Wohnhaus gebaut wurde – den "falschen Mieter" bekommt. Der falsche Mieter, das wäre für die Mitglieder zum Beispiel ein Immobilienbüro gewesen, das die Schaufenster mit Angeboten zuhängt und sonst kein Leben in die Altstadt bringt.

Der Verein entschied sich, selbst zum Mieter zu werden – und passende Untermieter zu suchen. Nun glaubt man, genau die richtigen Leute gefunden zu haben: "Agentur für Demokratie und Jugendbeteiligung" steht auf dem Schaufenster, manchmal kann man drinnen schon junge Menschen sehen, die um einen Tisch herum sitzen. Den Mietvertrag unterschrieben hat die Abteilung Jugendarbeit der Stadt Fürth.

Das Mariechen soll zur "Keimzelle für Jugendliche werden, die etwas bewegen wollen", sagt Svantje Schindehütte. Die Sozialpädagogin, die in der Vergangenheit das Jugendhaus Catch Up leitete, ist seit drei Jahren zuständig fürs "Demokratie- und Jugendbeteiligungsmanagement" der Stadt Fürth; vor allem also fürs Projekt "Echt Fürth", das Jugendlichen hilft, sich in die Stadtpolitik und -gestaltung einzumischen.

Als der Altstadtverein im Februar auch via FN um Vorschläge bat, wie man den liebevoll sanierten Laden nutzen könnte, sah Schindehütte die Chance, in dem kleinen Haus etwas Großes zu schaffen: Platz für junge, engagierte Menschen. Das Konzept, das die Stadt einreichte, überzeugte den Verein. Anderen Bewerbern, die ein Café oder ein Atelier einrichten wollten, erteilte man eine Absage.

Die zwei schmalen Räume, insgesamt gerade einmal 32 Quadratmeter, sind jetzt als Arbeitsfläche für junge Menschen gedacht, die sich fürs Gemeinwohl engagieren. WLAN steht zur Verfügung, dazu ein Beamer und eine Leinwand. Erste feste Nutzergruppen gibt es schon: Der Jugendbeirat wird hier seine Sitzungen abhalten, die Redaktion des Jugendmagazins Direkt kann hier ihre Ausgaben planen, auch der "Runde Tisch Jugend" kommt hier zusammen. Im Oktober soll zudem eine Veranstaltungsreihe von "Echt Fürth" starten. Vorträge, Workshops und Filmabende sind angedacht. Weitere Gruppen sind willkommen, sagt Schindehütte.

Kein klassischer Jugendtreff

Kein klassischer Jugendtreff werde es also sein, betont Jutta Küppers, Leiterin der städtischen Jugendarbeit. Man sei hier auch an einem "anwohnersensiblen" Ort, "wir wollen uns gut einfügen". Es sei ungewöhnlich, dass Jugendliche an einer so zentralen, prominenten Stelle wirken können, sagt Schindehütte. Das Projekt "Echt Fürth" sei bisher schwer wahrnehmbar gewesen – plötzlich werde das Engagement sichtbar. "Leute, die vorbeigehen, schauen rein. Das ist toll für die Jugendlichen!"

Beim Fürth Festival oder beim Grafflmarkt werde die Aufmerksamkeit noch um ein Vielfaches größer sein, sagten Siegfried Meiner und Kamran Salimi als Vertreter des Altstadtvereins bei der Projektvorstellung. Salimi: "Man sieht hier, dass es der Stadt wichtig ist, für Jugendliche etwas zu tun."

Die Anmietung der Räume ist für Sozialreferentin Elisabeth Reichert auch ein Statement: dass man eine Gesellschaft will, die in der Mitte bleibt und nicht nach rechts rückt. Dem Altstadtverein dankte sie dafür, dass er nicht nur "auf die Hülle der Häuser" achte – sondern auch darauf, "was darin los ist".

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