Was das Jahr 1818 mit Fürth machte

30.4.2018, 16:00 Uhr
Was das Jahr 1818 mit Fürth machte

© Foto: Thomas Scherer

Als es darauf ankam, wohnten in Fürth 3347 Familien. Oder genauer: 12 942 Menschen in 580 Häusern. So jedenfalls wurde es im Juni 1818 in einem Schreiben festgehalten, das nun in der Sonderausstellung hängt und das das Leben in Fürth verändern sollte. Das bayerische Gemeindeedikt vom 17. Mai 1818 hatte kurz vorher neu geregelt, wie Städte klassifiziert wurden: weniger als 500 Familien, 500 bis 2000 Familien und mehr als 2000 Familien. Fürth erfüllte also die Voraussetzungen für eine "Stadt erster Klasse", wie es Nürnberg schon lange war.

Überhaupt erst seit 1808 war Fürth formell eine Stadt – nach damaliger Kategorisierung eine "Stadt zweiter Klasse" (mit 10 000 bis 20 000 Einwohnern). Als solche wurde sie von bayerischen Staatsbeamten zentral verwaltet und besaß tatsächlich weniger Rechte als zur Zeit der Dreiherrschaft vorher. Dass Fürth zuvor über Jahrhunderte hinweg den Status eines "Marktfleckens" hatte, war übrigens unter anderem auch diesen komplexen Machtverhältnissen – verteilt auf die Ansbacher Markgrafen, die Dompropstei Bamberg und die Reichsstadt Nürnberg – geschuldet.

Das Jahr 1818 bescherte dem Freistaat eine neue Verfassung. Das Originalkonzept, unterschrieben vom ersten bayerischen König Maximilian I. Joseph, konnte als Leihgabe des Hauptstaatsarchivs ins Stadtmuseum geholt werden: Für Stadtarchivar Martin Schramm ist es das "Highlight" der Sonderausstellung. Die Verfassung war die Basis fürs neue Gemeindeedikt, das Fürth das Recht bescherte, sich selbst zu verwalten.

Fürth bekam nun eine Verwaltung, die zumindest ein Teil der Bürger (Steuerzahler der Oberschicht) wählen durfte, die Steuern erhob und sich um städtische Angelegenheiten kümmern konnte. Zwar war der Handlungsspielraum durch staatliche Aufsicht eingeschränkt – doch insbesondere aus zeitgenössischer Sicht, so argumentieren die Ausstellungsmacher, wurde Fürth damit eigenständig. Erster Bürgermeister wurde Franz Josef von Bäumen, der wie seine Nachfolger in der Schau kurz porträtiert wird.

Ein Siegel und ein Stadtwappen mussten nun her, wie zu sehen ist. Zumindest im Wappen bekam Fürth die Stadtmauer, die es nie hatte und die so spät auch nicht mehr gebaut wurde, sagt Schramm. Das mit den Mauern sei nämlich streng geregelt gewesen: Nur Städte durften steinerne Mauern mit Toren errichten.

Die Verwaltung tagte zunächst behelfsmäßig unter anderem im Schulhaus am Kirchenplatz. 1840 bis 1850 wurde dann das monumentale Rathaus gebaut, das das neue Selbstbewusstsein Fürths sichtbar machte. "So einen Turm hatten eigenständige Stadtstaaten wie Florenz", sagt Schramm. "Wir sind uns sicher, dass man deshalb so einen Turm baute."

Anhand von vier Beispielen – Rathaus, Paulskirche, Stadttheater, Berolzheimerianum – zeigt die Schau, wie das stetig wachsende Fürth an Selbstbewusstsein und Bürgersinn gewann. So trugen die Bürger, insbesondere jüdische, mit Spenden etwa wesentlich zum Bau ihres repräsentativen Stadttheaters bei.

Der Weg zur Großstadt

Mit dem 1906 eröffneten Berolzheimerianum wiederum schenkte der Bleistiftfabrikant Heinrich Berolzheimer seiner Stadt eine gebührenfreie Bildungsstätte, eine Mischung aus Volksbücherei und Volkshochschule. Die Erinnerung daran, dass es sich um eine jüdische Stiftung handelte, wollte man später in der NS-Zeit auslöschen: Das Berolzheimerianum wurde in "Volksbildungsheim" umbenannt, Bücherei und Vortragssaal nutzten jetzt regimetreue Vereine.

Auf knappem Raum gibt die Ausstellung einen Eindruck davon, wie sich Fürth zur Großstadt entwickelte. Bei einem für die Schau erdachten digitalen Quiz, so Museumspädagogin Ruth Kollinger, kann jeder vor Ort sein Wissen testen. Am Ende wird der Blick auf die Biographien einiger Fürther Frauen der vergangenen 200 Jahre gelenkt – ein Beitrag des Museums Frauenkultur Regional-International.

"Fürth. 200 Jahre eigenständig", Stadtmuseum, Ottostr. 2. bis 14. April 2019, Eintritt zur Sonderausstellung 2 Euro, Kinder (ab 6 Jahre) 1 Euro.

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