Welt der Slawen beleuchtet

3.10.2008, 00:00 Uhr

In dem 1919 erschienenen Roman laufen die ersten Berührungsängste zwischen einheimischen Slowenen und zur Arbeitssuche ins Land gekommenen Deutschen, der Dreißigjährige Krieg, eine missglückte Reformation und zwei Liebesgeschichten zusammen. Den Stoff für seinen Heimatroman hatte Tavcar auf vergilbten Papieren in einem Schrank seines als Alterssitz gekauften Bauernhofs Visoko gefunden. Schlüsselfigur ist der slowenische Reformator Primus Truber (1508-1586), dessen Bibelübersetzung für die slowenische Sprache und Literatur dieselbe Bedeutung hatte, wie Luthers für das Deutsche. Doch anders als in Deutschland erlag der Protestantismus in Slowenien fast restlos der Gegenreformation.

Der 87-jährige Werner Engel, Mitarbeiter der Fürther Geschichtswerkstatt, hat Tavcars Roman «zum Dank für alles, was ich in meiner Kriegsgefangenschaft trotz allem lernen konnte» übersetzt. Mehrere Jahre lang schenkte er Exemplare seiner Übersetzung den Abiturienten des Schliemann-Gymnasiums.

Mit seiner Arbeit will Engel, öffentlich bestellter Übersetzer für Russisch und Serbokroatisch, für Deutsche den Einstieg in die Welt der Slawen erleichtern. Engel warnt: «Das überhebliche Abtun der Kulturen unserer west- und ostslawischen Nachbarn in unseren Schul- und Bildungsplänen hatte den Zweiten Weltkrieg zur Folge, und die Folgen unserer Ignoranz über die südslawischen Befindlichkeiten im Spannungsfeld zwischen Rom und Konstantinopel werden wir teuer bezahlen müssen.»

Ivan Tavcar: Die Chronik von Visoko, übersetzt und herausgegeben von Werner Engel, 3. überarbeitete Auflage, städtebilder fotoarchiv & verlag Fürth, ISBN 3-927 347-73-6, 18 Euro.