Zwischen Batikhemd und Räucherstäbchen

7.5.2007, 00:00 Uhr
Zwischen Batikhemd und Räucherstäbchen

© Thomas Scherer

Heute, gut 30 Jahre später, halten sie mit «Hippies statt Hiphop» Rückschau auf jene wilden Zeiten, die in ihrem Fall nicht die berühmten 68er, sondern die weniger bekannten 78er waren. Und das ist ein großer Unterschied. Für Woodstock war man zu jung, für den späteren Yuppie-Trend aber zu alt. Irgendwie lagen sie immer mittendrin, zwischen Räucherstäbchen, Batik-Hemden und Anti-Atom-Bewegung. 51 Jahre alt und gereift, erscheint den Weiherers manches versponnen, anderes dagegen einfach nötig.

Neugierige Nachbarn

«Gegen gewisse Dinge muss rebelliert werden, das sehe ich heute noch so», meint Ute Weiherer. Etwa gegen den «Kuppelei-Paragraphen», der erst 1973 gestrichen wurde und dafür sorgte, dass junge Paare nicht einfach zusammen übernachten durften, selbst wenn die Eltern es erlaubten. Spießige Nachbarn konnten die Familie vor Gericht bringen.

Und so machte eine ganze Generation sexuelle Erfahrungen im Freien. Man wich auf Parks aus, wie eine witzige Nummer es beschreibt.

Und dann war da natürlich jede Menge Musik. Uwe Weiherer, Beatles-Fan, hat seine alten Platten mitgebracht und Ute, Stones-Anhängerin, hat ihre besten Scheiben ins Programm eingebaut. Ein Wunder, dass ihre Beziehung so prima gehalten hat.

Das Publikum hatte seinen Spaß an den Frotzeleien, wer die alten Schallplatten nun richtig anfasst und wer den Plattenspieler bedienen darf. Man schunkelte zu Scott McKenzies «San Francisco» und erinnerte sich an die Beschlagnahmung der Platten zum Kult-Musical «Hair». Doch sonst blieb die Politik - bis auf den unvermeidlichen Franz Josef Strauß - weitgehend außen vor, die will das Bagaasch-Team sich für ein anderes Programm aufheben. Diesmal standen Lebensstile im Vordergrund, ganz nach dem Motto: Zuerst hing das Che-Guevara-Poster in der Wohnküche, dann auf dem Klo. Weil da schließlich zwei mit spitzen Zungen auf der Bühne standen, kamen viele Texte zu Gehör, die Satire pur sind. Zumindest, wenn man sie heute liest.

Damals war absolut ernst gemeint, was Autoren wie Günter Amendt zum weiblichen Sexualverhalten von sich gaben. Viel hat die junge Familie damals erlebt, das Programm ist absolut authentisch. Das bestätigt auch Tochter Rike, die stilecht im Kinderladen groß wurde. Doch was ist geblieben von damals? «Allzu wenig, aber manches im Alltag ist doch lockerer geworden», meint Uwe Weiherer.

Ute ergänzt: «Und manches ist genauso geblieben.» Ein mutiges, spritziges, gut zusammengestelltes Stück. Selten teilen Akteure auf der Bühne so viel vom eigenen Leben mit, geben dem Publikum derart intime Einblicke.

CLAUDIA SCHULLER