"Gerdler pass' auf meine Schmidtler auf"

21.1.2021, 18:18 Uhr
Gerd Schmelzers Schreibtisch  ist aufgeräumt – Lebkuchen dürfen aber nicht fehlen. 

© André Fischer Gerd Schmelzers Schreibtisch  ist aufgeräumt – Lebkuchen dürfen aber nicht fehlen. 

Der Schreibtisch wirkt unbenutzt und aufgeräumt. Kein Blatt Papier liegt herum, es gibt keine vollen Ablagen und kein Gegenstand lässt Emotionen aufkommen. Es entsteht der Eindruck, als ob die Arbeit schon getan ist. Doch das ist falsch.
Immobilienentwickler Gerd Schmelzer benutzt seinen Schreibtisch eher selten. "Ein bis zwei Tage in der Woche bin ich hier bei Lebkuchen-Schmidt", sagt der 69-Jährige. An den übrigen Arbeitstagen widmet er sich seinen Immobiliengeschäften. Schmelzer gilt als der erfolgreichste Immobilienentwickler in der Region, wenn es um große Gewerbeimmobilien geht. Doch er kann auch Lebkuchen, das hat er in den vergangenen Jahren gezeigt.

Großes Vertrauen

Den Schreibtisch bei Lebkuchen-Schmidt an der Zollhausstraße in Langwasser hat der Unternehmer seit sechs Jahren. Nachdem Henriette Schmidt-Burkhardt, die Eigentümerin des Unternehmens, am 21. Februar 2014 im 87. Lebensjahr an den Folgen eines Sturzes gestorben war, wurde Schmelzer Geschäftsführer. Das Unternehmen hatte Schmidt-Burkhardt zu 60 Prozent in eine gemeinnützige Stiftung eingebracht, 40 Prozent gehören der Familie. Schmelzer war 2012/2013 Stiftungsvorstand, er wechselte dann in den Stiftungsbeirat und wurde testamentarisch zum Geschäftsführer bestimmt.
Zu Schmelzer hatte Schmidt-Burkhardt großes Vertrauen, obwohl sich beide gar nicht so lange kannten. Am Beginn ihrer Freundschaft stand ein großer Blumenstrauß, den der Immobilienentwickler ihr geschickt hatte, bevor er sie besuchte. Schmelzer wurde dann mit den Worten begrüßt: "Sie wollen doch nur Geld." Was in diesem Fall auch stimmte, denn Schmelzer suchte nach Sponsoren, damit das Jugendtheater "Pfütze" realisiert werden konnte. 500 000 Euro kamen von der Sparkasse, 200 000 von Schmelzer selbst und Schmidt-Burkhardt gab ihm dann einen Scheck über 300 000 Euro mit. Eine Million Euro wurden benötigt.

Unternehmen darf nicht verkauft werden

Schmelzer, der in seinem Leben noch nie geschäftlich mit Lebkuchen und anderen Süßwaren zu tun hatte, fand zunehmend Gefallen an dieser späten Leidenschaft. Schmidt-Burkhardt hatte testamentarisch bestimmt, dass das Unternehmen nicht verkauft werden soll. "Die Fortführung der Geschäfte und das Wohl der Mitarbeiter standen für sie immer im Mittelpunkt", so Schmelzer. "Gerdler, pass auf meine Schmidtler auf", soll Schmidt-Burkhardt noch im Krankenbett gesagt haben.
Bei seiner Tätigkeit als Geschäftsführer interessierte sich der Immobilienentwickler zunehmend für die Abläufe. "Die Märkte haben sich verändert und es gab viele neue Herausforderungen." Schmelzer setzte auf Digitalisierung, damit alle Beteiligten im Produktionsprozess aktuell genau wissen, was zu tun ist. So kann möglichst schnell auf Kundenwünsche reagiert werden. Die Qualität der Lebkuchen wurde verbessert und sie wird laufend kontrolliert. Es gibt neben Bio-Lebkuchen jetzt auch vegane Lebkuchen. Mit dem Sternekoch Alexander Herrmann entwickelte das Unternehmen neue Produkte und zusätzlich zur Premiummarke "Lebkuchen-Schmidt" wurde die Handelsmarke Wicklein aufgebaut, die unter anderem Namen von vielen Discountern vertrieben wird.


"Die Digitalisierung ist noch nicht abgeschlossen, aber wir sind auf einem sehr guten Weg", so Schmelzer, der nicht gern über Zahlen redet. Unter seiner Regie stieg der Umsatz aber von 60 auf über 90 Millionen Euro. Der Anteil des Webshops an den Bestellungen beträgt inzwischen 40 Prozent. "Ich bin zwar nicht oft an meinem Schreibtisch, aber mein Kopf ist immer voll mit Ideen für Lebkuchen-Schmidt." Wenn er vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens erzählt, dann freut sich Schmelzer wie ein Kind und stellt am Ende des Gesprächs Lebkuchendosen auf den Schreibtisch. Eine leere Fläche würde sich auf dem Foto auch nicht gut machen.

"Der Firmenspirit ist großartig"

Bis zu 700 Mitarbeiter, darunter 300 Zeitarbeiter, beschäftigt das Unternehmen in der Hochsaison. "Der Spirit in der Firma ist großartig", sagt der Immobilienunternehmer. Derzeit wird nach neuen Produkten gesucht, damit die Anlagen das ganze Jahr gut ausgelastet sind.
Dank genauer Marktanalysen weiß Schmelzer, dass der Lebkuchen das wichtigste und bekannteste Aushängeschild Nürnbergs weltweit ist, nicht die Bratwurst. Im Jahr werden 1,4 Millionen Päckchen von Lebkuchen-Schmidt in 150 Länder verschickt. Das sind insgesamt 9000 Tonnen an Lebkuchen und anderen Süßwaren. Der durchschnittliche Lebkuchenkäufer ist 63 Jahre alt. "Aber er wird nicht älter", freut sich Schmelzer. "Es rücken immer Jüngere nach." Auch für Schmelzer. Als Geschäftsführer steht mit Jürgen Brandstetter ein Nachfolger schon bereit.

Keine Kommentare