Blutiges Kriegsende in Unterwurmbach

22.4.2020, 06:01 Uhr
Blutiges Kriegsende in Unterwurmbach

© Heimatbuch Unterwurmbach

Menschen zu finden, die aus erster Hand von diesen Geschehnissen erzählen können, wird naturgemäß immer schwieriger. Doch im Falle von Unterwurmbach haben es sich die Autoren des Heimatbuchs bereits vor rund 30 Jahren zur Aufgabe gemacht, die Geschichte des Stadtteils für die Nachwelt lebendig zu erhalten.

Der Ereignisse in den letzten Kriegstagen hatte sich damals Armin Kitzsteiner angenommen. Um ein möglichst objektives Bild zu bekommen, sprach er mit einer ganzen Reihe von Zeitzeugen, wie er sich im Gespräch mit dem Altmühl-Boten erinnert. Aus diesen Erzählungen entstanden die Beiträge im Heimatbuch, das 1992 erschienen ist.

Darin ist zum Beispiel von der Sprengung der großen Eisenbahnbrücke zwischen Unter- und Oberwurmbach durch SS-Pioniere am 21. April 1945 zu lesen. Auch in die Straße Richtung Gnotzheim wurde ein tiefer Krater gesprengt, um sie unpassierbar zu machen.

Zudem wurde der Ortsausgang nach Wald in Höhe des Milchhauses mit Baumstämmen verbarrikadiert und die Schützenlöcher besetzt. Unter den Dorfbewohnern herrschte ob dieser Vorkehrungen für einen Kampf eine gedrückte Stimmung, und viele richteten sich Notquartiere in den Kellern ein.

Wie Karolina Westphal, ihre Tochter Elisabeth und deren vier Kinder, die sich am 22. April in der Waschküche ein notdürftiges Nachtlager aufgebaut hatten. Ihre anderen drei Töchter hatte Karolina Westphal bereits nachmittags zu ihrer Schwägerin Marie Glotz nach Oberwurmbach geschickt, weil man befürchtete, dass der Einmarsch der Alliierten kurz bevorstand. Kurz vor Mitternacht dann beschlossen sie und Elisabeth, selbst doch auch lieber nach Oberwurmbach zu gehen.

Mit einem Handleiterwagen machten sich die sechs auf den Weg. Aber sie kamen nicht weit, ein SS-Mann ließ sie nicht mehr passieren, sodass sie umkehren mussten. Wieder daheim im Keller, wollte Karolina Westphal noch schnell die Utensilien aus dem Leiterwagen hereinholen.

In der Zwischenzeit aber hatten amerikanische Soldaten das Haus umzingelt und feuerten in der Dunkelheit auf die Frau, wohl in der Annahme, es handle sich um einen feindlichen Soldaten. Schwer verwundet, konnte sie sich gerade noch in die Waschküche retten, wo sie in den Armen ihrer Tochter verblutete.

Blutiges Kriegsende in Unterwurmbach

© Heimatbuch Unterwurmbach

Ihr Mann Heinrich, Mitglied der NS-Ortsgruppe und Gruppenführer beim Volkssturm, war fest davon ausgegangen, dass die Amerikaner erst im Morgengrauen in den Ort einrücken würden. Er war oben in der Wohnung geblieben und konnte nur knapp – und am Arm verletzt – entkommen. Vom Tod seiner Frau erfuhr er erst Tage später.

Ebenso tragisch endete am selben Tag das Leben von Landwirt Johann Michael Röttenbacher. SS-Truppen hatten von ihm die Herausgabe eines seiner Pferde gefordert, um das Flakgeschütz nach Gnotzheim zu schaffen. Da Röttenbacher sein Pferd jedoch nicht in die Hände der Soldaten geben wollte – nicht zuletzt aus Angst, es nicht wiederzubekommen – beschloss er, den Transport selbst zu übernehmen. Seine Frau bat den Nachbarn Hans Gebert, ihren Mann bei dieser gefährlichen nächtlichen Aktion zu begleiten. Und tatsächlich kam es unterwegs zu Meinungsverschiedenheiten unter den begleitenden Soldaten – und auch zwischen Röttenbacher und den Soldaten – über den besten Weg.

Schließlich setzten das Gespann und die Soldaten ihren Weg getrennt fort. Plötzlich fielen Schüsse aus Schnellfeuerwaffen, wie es Armin Kitzsteiner erzählt worden ist. Gebert wurde durch einen Streifschuss am Oberschenkel verwundet, konnte sich aber noch hinter das Geschütz retten. Seine Warnung an den Nachbarn, sofort abzuspringen, kam jedoch zu spät. Röttenbacher wurde von einer Kugel tödlich getroffen.

Stark blutend schleppte sich Gebert zum nahen Bahnwärterhäuschen, wo er vom Bahnwärter und dessen Sohn versorgt wurde. Erst am nächsten Tag konnten sie nach Röttenbacher schauen und fanden ihn, neben dem Geschütz liegend, das Leitseil noch fest in der Hand. Wer ihn erschossen hat, wird wohl für immer ungeklärt bleiben.

Einige Tage später forderte der Krieg mit Friedrich Huber noch ein weiteres ziviles Opfer. Sein Haus war von den Amerikanern besetzt gewesen. Offensichtlich war ein Sprengsatz zurückgeblieben, der versehentlich losging und den Mann so schwer verwundete, dass er bald seinen Verletzungen erlag.

Bis heute zeugen die steinernen Tafeln am Kriegerdenkmal von den vielen Opfern, die die beiden Weltkriege in den Familien von Ober- und Unterwurmbach forderten, und sind damit ein Mahnmal für den Frieden.

 

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