Ein bisschen wie der Brexit

Center Parcs-Befürworter sehen Jugend um Zukunft betrogen

23.6.2021, 06:01 Uhr
 Wie soll sonst Zukunft des weitläufigen Muna-Areals im Süden des Brombachsees aussehen? Die Diskussion darüber hat gerade erst begonnen.

© Foto: Wolfgang Dressler  Wie soll sonst Zukunft des weitläufigen Muna-Areals im Süden des Brombachsees aussehen? Die Diskussion darüber hat gerade erst begonnen.

"Bürger Pro Center Parcs" und "Initiative Brombachsee" bedauern das Ende der Parkpläne im Seenland. Dem Investor Center Parcs sei hoher Respekt für den Rückzug zu zollen. Er hätte damit auch im Fränkischen Seenland die gemachten Zusagen eingehalten, betonten Dr. Nicole Maaß und Oliver Röhrl. Dafür sei das Unternehmen auch an allen anderen sechs deutschen Standorten bekannt.


Aus für Center Parcs am Brombachsee: Ferienkonzern wirft das Handtuch


Die beiden Befürworter-Gruppen haben das Abstimmungsergebnis ebenfalls akzeptiert. Anders als das die Gegner des Projekts getan hätten, wenn die Entscheidung nicht nach ihren Wünschen ausgegangen wäre, heißt es in der Pressemitteilung. Hier sei schon Wochen vor dem Entscheid mitgeteilt worden, dass man im Falle eines positiven Bürgerentscheids den Klageweg beschreiten werde.

Schlecht vor allem für die Jugend

Das Nein zu dem Projekt wertete man als eine "Abwahl" der Bürgerbeteiligung im Fränkischen Seenland. Nun könnten die Menschen in der Region nicht mehr im Zuge eines weiteren Genehmigungsverfahrens ihre Beteiligungschancen nutzen.

Insbesondere für die Jugend seien damit viele Chancen verbaut worden, beklagen die Park-Befürworter. Und das zu einem Moment, wo die Gutachten zu vielen wichtigen Fragen des Projekts noch nicht einmal endgültig vorlagen. Die dringend vor Ort benötigten heimatnahen Arbeits- und Ausbildungsplätze, seien somit nicht zu realisieren.

"Nicht wenige haben sich an den Brexit erinnert, wo sich die Jugend ja um ihre Zukunft betrogen fühlte, heißt es in dem Statement der beiden Befürwortergruppen. Nachdem sich nun aber die Gegner eines Familienferienparks durchgesetzt hätten, seien die um ihre Zukunftsperspektiven geprellten jungen Menschen der Region sehr gespannt, mit welchen "der ja immer wieder lauthals angekündigten Initiativen, die Gegner des Center Parcs nun die anstehenden und an keiner einzigen Stelle gelösten Probleme der Tourismus-Region aufgreifen wollen".

Probleme rührten von Tagestouristen

Es sei unzureichend, immer nur zu sagen, man sei nicht gegen den Tourismus, wenn man dann lediglich die Probleme auflistet, die vor allem der Tagestourismus dem Seenland beschert habe. Gerade die regionale Nahversorgungsinfrastruktur hätte den Impuls zusätzlicher Übernachtungsgäste bitter nötig, so die Überzeugung der Park-Befürworter. Die rund 4500 mit dem Ferienpark neu hinzugekommenen Betten, hätten weitgehend der Zahl der in den letzten Jahren endgültig aufgegebenen Privatzimmerbetten entsprochen.

Dr. Nicole Maaß befürchtet, dass das "Fränkische Seenland zum Naherholungsgebiet verkommt". "Der Tagestourismus schwillt an. Das ist keine gute Prognose", sagt sie weiter. Es sei zwar schön, dass diese Menschen kommen, doch die Thannhäuserin wünscht sich, dass das Seenland eine Urlaubsregion bleiben kann. Allein mit Tagestouristen sei dies in ihren Augen nicht möglich.

Sie macht klar, dass die Einheimischen bisher auch Vorteile durch den Tourismus genießen. Diese seien aber nicht aufrechtzuerhalten, weil unter den gegebenen Umständen nicht genug in die Infrastruktur investiert würde, glaubt sie. "Ich hoffe, die Akzeptanz zum Tourismus steigt. Dass man stolz darauf ist, eine Urlaubsregion zu sein, wie es andere sind. Die Gastfreundschaft muss gelebt werden", so Maaß.

Weiterhin verstopften Straßen und zugeparkten Privatgrundstücke

Mit dem Ende des Projekts seien nun auch die erwünschten Verkehrsentlastungen schwerer umzusetzen. Dabei werde es die verstopften Straßen und zugeparkten Privatgrundstücke auch weiterhin geben, weil sie eine Folge der an wenigen Schwerpunkttagen anschwellenden Tagestourismuswellen seien.


Bürger entschieden sich mit knapper Mehrheit gegen den Ferienpark


"In der Bispinger Heide wurde extra eine Autobahnausfahrt für Center Parcs geschaffen", führt Maaß als positives Beispiel auf. Hätte sich der Ferienkonzern am Brombachsee angesiedelt, hätte man mit den Verkehrsanliegen durchaus Gehör gefunden, glaubt die Parkbefürworterin. So gebe es aber wenig Hoffnung, die Achse zwischen Pleinfeld und Gunzenhausen oder die Ortsdurchfahrten in Langlau oder Absberg zu entlasten. Das habe das Staatliche Bauamt bereits in Gesprächen deutlich gemacht.

"Wir alle sind herausgefordert, das global notwendige Ziel der Klimaneutralität in allen Bereichen einzulösen. Gerade unser aller Urlaubsverhalten ist daraufhin ernsthaft auf den Prüfstand zu stellen", heißt es zudem in der Pressemitteilung. "Die erste klimaneutrale Ferienanlage Deutschlands in der Gemeinde Pfofeld wäre ein wertvoller Impuls dafür und gerade auch für die Region gewesen, einen heimat- und naturnahen Urlaub zu ermöglichen."

Hochwertige Angebote müssen geschaffen werden

Nun müssten all die Probleme am und um die Seen mit anderen Ansätzen gelöst werden, wozu neben bereits genannten auch eine "zukunftsfähige Struktur der Nahversorgung, realistische Maßnahmen zur Einschränkung der Lärm- und Abfallprobleme, die Gewinnung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen und das Profil einer für qualifizierte Arbeitskräfte attraktiven Region" zählten.

Wolle man nicht zur reinen Naherholungsregion für Nürnberg werden, brauche man sehr viel mehr hochwertige Angebote im Übernachtungsbereich für junge Familien. "Auf alle diese Fragen erwartet vor allem die enttäuschte Jugend nun eine kreative Antwort von jenen, die sich mit Erfolg für ein überholtes und fachlich nicht überzeugendes Modell einer Tagestourismus-Region Fränkisches Seenland mit allen Folgen eines Massentourismus ausgesprochen haben."

Wie Reinhold Huber als Bürgermeister von Pfofeld zum endgültigen Ausstieg von Center Parcs steht, ist ihm nicht zu entlocken. Er bemerkt nur knapp, dass er kein Interesse habe, sich weiter zu dem Thema zu äußern: "Es ist entschieden, der Fall ist abgehakt – nächstes Thema."

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