Dittenheim: Neue Nutzung statt Leerstand und Verfall

16.10.2018, 17:19 Uhr
Dittenheim: Neue Nutzung statt Leerstand und Verfall

© Uli Gruber

Während eines Pressegesprächs ging ALE-Abteilungsleiter Alexander Zwicker zunächst auf die Ursachen ein, die seit geraumer Zeit zu einem Wandel in den ländlichen Strukturen beitragen. Wegen der häufig benannten demografischen Veränderungen, steige der Altersdurchschnitt in den Dörfern kontinuierlich. Junge Leute ziehe es insbesondere aus beruflichen Gründen zunehmend in Städte. Ein "Zurück" selbst bei guter Absicht sei oftmals schwierig, weil Miet-Wohnraum fehle und eine Zukunft unter dem Dach der Eltern für viele ebenfalls nicht in Frage komme.

Wie Zwicker erklärte, sind es vor allem ältere Menschen, die in ihrer angestammten Umgebung zurückbleiben. Ihre Mittel seien in vielerlei Hinsicht begrenzt, um die ehemals landwirtschaftlich genutzten Anwesen zu erhalten. Nicht nur die schwindende Vitalität, auch das Fehlen finanzieller Möglichkeiten würden dazu beitragen. Von den Kindern dürfe nur bedingt Unterstützung erwartet werden. Der Grund: "Sie sind halt schon vor längerer Zeit weggezogen!"

"Dieser Prozess ist wie eine Spirale, die sich immer schneller zu drehen scheint", mahnt der Behördenvertreter. Gebäudeunternutzungen, -leerstände, ausbleibende Sanierungsmaßnahmen und der beginnende Verfall seien die Folge. Den Ortskernen drohe Verödung. Die vorhandene öffentliche Infrastruktur wie Straßen, Wasser und Kanal diene weniger Anliegern und werde dadurch zunehmend unrentabler. Nicht zuletzt der Wert der Gebäude tendiere nach und nach "gegen Null".

Es existiert aber auch noch ein zweites Szenario, so Zwicker weiter. Die Mietpreise in den Städten seien für "Normalverdiener" kaum noch bezahlbar. Junge Familien sähen sich dadurch gezwungen, auf das Land auszuweichen. Dort könne der Traum vom Einfamilienhäuschen im Grünen mit modernem Wohnkomfort realisiert werden. Über Internetplattformen werde Kontakt zu Gemeinden mit "günstigem Bauland" aufgenommen. Siedlungen würden aus dem Boden sprießen, der Preis in puncto Flächenverbrauch sei jedoch hoch. Darüber hinaus werde auch in diesem Fall das Ausbluten der Dörfer forciert.

Innovativer Weg

Um dies zu verhindern, lautet der Grundsatz beim ALE unmissverständlich: Innenentwicklung vor Außenentwicklung! Durch geeignete Konzepte und Maßnahmen sollen leer stehende Häuser wiederbelebt, vom Verfall bedrohte Gebäude abgebrochen und innerörtliche Brachflächen einer baulichen Nutzung zugeführt werden. Und das alles unter weitgehendem Verzicht auf die Ausweisung neuer Baugebiete an den Dorfrändern. Nur mit dieser Vorgehensweise kann das Ausfransen der Dörfer eingedämmt sowie ein nachhaltiger gesellschaftspolitischer und gesamtökonomischer Fortschritt erzielt werden. "Eine echte Win-win-Situation", verspricht Alexander Zwicker. Dafür benötige es allerdings eine optimale Vorbereitung und gegenseitiges Verständnis.

In Dittenheim stießen die Behördenvertreter mit ihrem Anliegen auf offene Ohren. Ernst Dießl, Projektleiter der Dorferneuerung Dittenheim 4, sparte nicht mit Lob und Anerkennung für den innovativen Weg der Gemeinde. Bürgermeister Günter Ströbel und die Ratsmitglieder hätten mit dem Erwerb eines leer stehenden ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesens in der Alemannenstraße Nägel mit Köpfen gemacht.

Nach dem Antrag und der zügigen Einleitung eines Dorferneuerungsverfahrens seien die Arbeiten mittlerweile in vollem Gang. Das vom ALE geförderte Konzept beinhalte den bereits erfolgten Abbruch der alten Gebäude, den Bau einer innerörtlichen Erschließungsstraße, die Fortführung eines Gehwegs und die Ausweisung von insgesamt fünf neuen Bauplätzen mit Erschließung unter Mitwirkung von vier angrenzenden Hauseigentümern. Auch Dießl zeigte sich erfreut über die vorbildliche Kooperation: "Das Leben in der Dorfmitte bleibt erhalten, die Identität des Dorfes wird bewahrt!"

Bürgermeister Ströbel wies trotz grundsätzlicher Zustimmung auf die Schwierigkeiten hin. Es sei keineswegs leicht, die Eigentümer der betroffenen Objekte vom Konzept zu überzeugen und zum Verkauf zu bewegen. Bisweilen würde die Werteinschätzung nicht mit den Vorstellungen der Kommune einhergehen. Des Weiteren bedürfe es bei der Flächenplanung Augenmaß und Sorgfalt. Auch hier gebe es unterschiedliche Ansichten und Interessen, die es unter einen Hut zu bringen gilt. Dennoch könne inzwischen ein positives Fazit gezogen werden. Erste Bauwillige warten bereits darauf, die Maschinen anrollen lassen zu können.

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