In Schlungenhof wächst die Sorge

29.9.2019, 07:01 Uhr
In Schlungenhof wächst die Sorge

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Mit dem angelaufenen Bürgerbegehren "Heimat bewahren – deshalb Stopp zur B 13-Ortsumfahrung Schlungenhof" ist es damit vorbei. Ella Reichardt sagt: "Ich habe Angst, dass die Sache aus dem Ruder läuft."

Sie meint damit, dass so manche Behauptung, die mit dem Bürgerbegehren verbunden ist, mehr als zweifelhaft sei und falsch verstanden werden könnte. Es bestehe die Gefahr, dass Bürger, die sich jetzt beim Bürgerbegehren beteiligen sollen, durch falsche Aussagen getäuscht würden. Im Mittelpunkt steht der Begriff "modifizierte Nullvariante" für Schlungenhof.

Reichardt stellt fest, dass die Umgehung im Bundesverkehrswegeplan im vordringlichen Bedarf ist und dass die Schlungenhöfer froh sind, dass diese hohe Hürde geschafft wurde. Jetzt auf einmal müssten sich die Schlungenhöfer dafür rechtfertigen, dass sie eine Umfahrung wollten. Dabei könne doch jeder, der sich an die Ortsdurchfahrt stelle, sehen, wie "katastrophal" die Verkehrssituation für den Ort und seine Bewohner sei.

Das Bürgerbegehren sei von der ÖDP ausgegangen, doch von dieser Seite habe niemand mit ihr Kontakt aufgenommen, habe niemand die Probleme und Sorgen der Schlungenhöfer erfahren wollen. "Mit uns hat keiner von der ÖDP sprechen wollen."

Jedenfalls wäre die "modifizierte Nullvariante" das allerschlechteste für ihren Ort, ist Ella Reichardt überzeugt. Wie berichtet, will die ÖDP die Kreisstraße, die von Laubenzedel kommt, nach Westen verlegen. Die neue Trasse der Kreisstraße würde dann in Höhe der Zufahrt zum Surfzentrum auf die B 13 treffen. Und das würde laut Ortssprecherin bedeuten, dass der gesamte Verkehr aus Laubenzedel, Haundorf und Mitteleschenbach die gesamte Ortsdurchfahrt von Schlungenhof (und nicht mehr nur einen kleinen Teil) nutzen müsste. Und das wären dann täglich rund 2000 Fahrzeuge mehr. Man hätte mehr Lärm, mehr Abgase, und die Situation an den Zufahrten, wie Wassergasse und Seestraße, würde nochmals schwieriger werden.

Riesige Lärmschutzwände in Schlungenhof kann und will sich die Ortssprecherin nicht vorstellen. Sie glaubt nicht, dass diese an den komplizierten Stellen zu verwirklichen wären. Da gebe es die vielen Zufahrten, die frei bleiben müssten. Ein durchgängiger Lärmschutz sei einfach nicht zu erreichen.

Viel mehr sind betroffen

Das Argument, mit Flüsterasphalt könnte man die Schlungenhöfer entlasten, sticht laut Reichardt nicht. Dieser Straßenbelag wirke aus technischen Gründen erst ab einem Tempo von 60 km/h, komme damit für die Ortsdurchfahrt nicht in Frage.

Nicht zuletzt sei immer wieder die Rede davon, dass es nur neun Anwohner an der Ortsdurchfahrt gebe. Reichardt fragt sich, wie man solch eine Behauptung in die Welt setzen kann, und spricht von einer "glatten Lüge". Es seien deutlich mehr Betroffene, und die Abgrenzung, wer betroffen sei und wer nicht mehr, sei ohnehin unmöglich. Es ist klar, dass die Schlungenhöferin hier Aussagen aus Laubenzedel zurückweist.

Reichardt hört auch des Öfteren, dass man einfach das Wohnen an der Ortsdurchfahrt aufgeben müsse und am besten nur noch eine gewerbliche Nutzung zulasse. Das sei ja wohl rechtlich nicht zulässig, und im Übrigen würden die Schlungenhöfer gerne etwas aus ihrem Ort machen, auch mit Blick auf die Seenähe, aber mit einer Bundesstraße durch das Dorf wären alle Anstrengungen von vorneherein vergebens.

Manfred Pappler, der Vorsitzende der CSU-Stadtratsfraktion, pflichtet Reichardts Überlegungen bei. Wer von nur neun Leuten spreche, der betreibe "Augenwischerei". In Wirklichkeit sei ganz Schlungenhof von dem vielen Verkehr betroffen. Die "modifizierte Nullvariante" würde die Zerschneidung des Ortes manifestieren, "dann hört Schlungenhof als Dorfgemeinschaft auf." Vertreter des Staatlichen Bauamts Ansbach hätten im Kreistag eindeutig festgestellt, dass die jetzige Situation belastend und gefährlich für alle Schlungenhöfer sei, nämlich durch Lärm und Abgase. Pappler äußert die Befürchtung, dass ein erfolgreiches Bürgerbegehrend und der sich möglicherweise anschließende Bürgerentscheid zu einem Stopp der gesamten vorbereitenden Planung führen würde. Die Behörden könnten sogar die Überlegung anstellen, sich anderen Orten, wo ebenfalls eine Umgehung im Raum stehe, zuzuwenden nach dem Motto: "Die in Gunzenhausen werden sich ja niemals einig." Vielleicht stecke sogar dieses Kalkül hinter den Initiatoren des Bürgerbegehren. Deshalb seine Position: "Die verfolgen politische Interessen, die sich nicht am Gemeinwohl orientieren."

Es gehe im Fall der Umgehung doch eine Abwägung der berechtigten Interessen von Schlungenhof wie von Laubenzedel, sagen Pappler und Reichardt. Das Staatliche Bauamt arbeite gründlich, er habe einen guten Eindruck von dieser Behörde und vertraue ihr. Der Prozess der Bürgerbeteiligung sei gut und richtig, doch so mancher verwechsele wohl Bürgerbeteiligung mit Bürgerentscheidung – bis hin zu Druck auf die Stadträte. Dabei handele es sich doch um ein Verfahren und eine Entscheidung des Bundes und nicht der Stadt.

Der CSU-Sprecher geht davon aus, dass die Ansbacher Behörde im November mitteilen wird, welche Trasse sie favorisiert. Der Stadtrat habe bisher nicht offiziell Stellung genommen, doch gebe es im Gremium ein klares Meinungsbild, wonach weder die Holzbauer-Trasse (ganz nah an Laubenzedel) noch die Nullvariante im Interesse der Stadt wären. Es könne durchaus sein, dass das Bauamt eine Umgehung zwischen Schlungenhof und Laubenzedel vorschlage. Die Frage, ob die Stadt Grundstücke verkauft oder tauscht, wie im Bürgerbegehren formuliert, stelle sich dann überhaupt nicht, da es ja dann um Flächen gehe, die nicht der Stadt gehörten.

Und der Landverbrauch durch eine neue Straße? Hier macht Pappler die bereits angesprochene Abwägung der Interessen geltend. Die Belastung der Schlungenhöfer durch die B 13 sei Fakt. Er glaube, sie sei höher zu bewerten als der Landverbrauch. Im diesem Sinn verstehe die CSU "Politik für die Menschen".

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