Bei "Aktenzeichen XY... ungelöst"

Lieselotte Lauer: "An so einen Fall erinnert man sich"

17.11.2021, 05:56 Uhr
Mehrfach berichtete der Altmühl-Bote 1992 und 1993 über das Verschwinden von Lieselotte Lauer – hier zu sehen ein Artikel vom Montag, 30. November 1992.

© Archiv Altmühl-Bote, NN Mehrfach berichtete der Altmühl-Bote 1992 und 1993 über das Verschwinden von Lieselotte Lauer – hier zu sehen ein Artikel vom Montag, 30. November 1992.

Der ungelöste, sogenannte Cold-Case-Fall ist nun wieder Gegenstand der Ermittlungen und wird heute Abend bei der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" um 20.15 ausgestrahlt.

Weil nicht ausgeschlossen war, dass sich die junge Frau etwas angetan haben könnte, suchte die Polizei anfangs die Altmühl mit einem Hubschrauber ab, ist dem Artikel von damals zu entnehmen. Weder bei Freunden noch Kollegen habe sie eine Nachricht hinterlassen. Ihr Auto, ein orange-roter Ford Fiesta, Kennzeichen WUG-AN-438, wurde am 3. Juli um 18.15 Uhr – zwei Tage, nachdem sie zum letzten Mal gesehen worden war – am Steingass-Parkplatz in Gunzenhausen versperrt aufgefunden. "Vorstellbar ist auch, daß sie am Parkplatz in ein anderes Fahrzeug zugestiegen ist", so der Wortlaut. Schon damals sprach die Polizei von einem "mysteriösen Fall".

Zwei Tage war zu lesen, dass es noch keine neuen Anhaltspunkte über den Aufenthalt von Lieselotte Lauer gibt: "Vermißtenfall bleibt rätselhaft." Die Altmühl wurde "wiederholt erfolglos abgesucht". Insbesondere interessierte die Polizei damals, wann der Ford Fiesta auf dem Steingass-Parkplatz abgestellt wurde. Um Mithilfe aus der Bevölkerung wurde in jedem einzelnen Artikel gebeten.

Taucher suchten damals nach Lissy Lauer

Heinz Geldner zu Hause in seinem Wohnzimmer: Der ehemalige Chef der Gunzenhäuser Polizei erinnert sich noch an den Fall und verfolgt die Berichterstattung dazu. Von seinem Sessel aus wird er heute Abend "Aktenzeichen XY... ungelöst" ansehen.

Heinz Geldner zu Hause in seinem Wohnzimmer: Der ehemalige Chef der Gunzenhäuser Polizei erinnert sich noch an den Fall und verfolgt die Berichterstattung dazu. Von seinem Sessel aus wird er heute Abend "Aktenzeichen XY... ungelöst" ansehen. © Isabel-Marie Köppel, NN

Am nächsten Tag, einem Freitag, war zu erfahren, dass nun auch Taucher im Einsatz waren. "Ein Sondereinsatzzug der Bereitschaftspolizei aus Nürnberg suchte im Fluß nach der vermißten Lieselotte Lauer aus Haundorf. Zwei Taucher waren eineinhalb Stunden lang im Einsatz. Wie der Chef der Gunzenhäuser Landpolizeiinspektion, Heinz Geldner, mitteilte, wird eine Straftat nicht ausgeschlossen", schrieb der Altmühl-Bote.

Heinz Geldner leitete die Dienststellte in Gunzenhausen von 1981 bis zu seiner Pensionierung 1999. Rund 40 Jahre war der gebürtige Pleinfelder bei der Polizei. "An so einen Fall erinnert man sich schon. Es passiert ja nicht allzu häufig, dass eine junge Frau spurlos verschwindet", sagt der heute 82-Jährige. Es sei sogar der einzige Vermisstenfall seiner Laufbahn, der nicht aufgeklärt wurde. Federführend habe damals die Kriminalpolizei Schwabach ermittelt, er und seine Kollegen waren aber noch eingebunden, etwa bei den Suchaktionen in Gunzenhausen.

"Überall hat man nach ihr gesucht", erinnert sich Geldner. Persönlich gekannt habe er Lissy Lauer nicht, aber dass damals viel in der Zeitung stand, die Öffentlichkeit interessiert war und viel gesprochen wurde, bestätigt er. Das zeigen auch einige Reaktionen in Facebook, wo Frauen auf unseren ersten Artikel hin kommentierten, im selben Haus mit Lauer gewohnt oder mit ihr bei SEL gearbeitet zu haben.

Auch heute noch in Gedanken bei Fällen

Auch wenn Geldner schon seit über 20 Jahren in Pension ist, manche Fälle könne und wolle er nicht vergessen – wie den von Lissy Lauer. Selbst heute sei er manchmal noch in Gedanken bei diesen Fällen: tödlichen Unfällen oder einem Mann, der seine Frau und Kinder ermordet hat. "Zu arg reinsteigern darf man sich nicht", weiß er jedoch.

Cold Cases wieder aufzurollen, ist für Heinz Geldner ein Muss. Ob er "Aktenzeichen XY" heute schaut? "Mit Sicherheit", wie sonst auch, wenn es ihm möglich ist. Von dem Format halte er sehr viel: "Es hilft immer wieder, auch nach Jahrzehnten, Verbrechen aufzuklären." Er würde es gerne noch erleben, dass der Fall Lissy Lauer einen Abschluss findet und hofft, wie die aktuell Ermittelnden, auf entscheidende Hinweise nach der Ausstrahlung.

Vor 29 Jahren ließ die Polizei ebenfalls nicht so schnell locker. Am 30. November 1992, knapp vier Monate nach Lauers Verschwinden, erinnerte der Altmühl-Bote daran, dass sie immer noch gesucht und die Polizei in zwei Tagen wieder eine Suchaktion durchführen werde. Mittlerweile hatten die Beamten herausgefunden, dass die schlanke, etwa 155 Zentimeter große Frau mit dem blond gewellten Haar eine "schwarze Überschlaghandtasche mit goldfarbenen Verschlüssen, Größe 30 mal 25 Zentimeter, in Form einer Aktentasche" mit sich trug.

Erneut im Fernsehen

"Diese und ein schwarzes Notizbuch mit Adressen und Telefonnummern fehlen seitdem", hieß es damals. Außerdem ergab die Untersuchung ihres Fiestas, "daß am Bodenblech größere Abschrammungen vorhanden waren, die bis auf das blanke Blech durchdringen und beim Aufsitzen des Autos auf einen Stein entstanden sein müßten. Abgerieben wurden sowohl Unterbodenschutz als auch ockerfarbener Lack in größerem Umfang".

Im Mai 1993 griff zudem RTL Lissy Lauers Verschwinden auf und stellte es mit Schauspielern für die Fernsehsendung "Spurlos" nach – ohne konkrete Ergebnisse. Spannend bleibt, ob das ZDF und "Aktenzeichen XY... ungelöst" heute Abend erfolgreicher sein werden.

Während der Sendung können sich Zeugen, die Hinweise zur Aufklärung des Geschehens geben können, unter der Rufnummer 0800/7766320 direkt an die Ermittler wenden. Darüber hinaus nimmt jede Polizeidienststelle, insbesondere der Kriminaldauerdienst Mittelfranken, sachdienliche Hinweise unter der Nummer 0911/2112-3333 entgegen.

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