Digitaler Fortschritt

Treuchtlinger Bauhof arbeitet mit intelligenter App

8.11.2021, 06:35 Uhr
Treuchtlinger Bauhof arbeitet mit intelligenter App

© Foto: Lidia Piechulek

Bauhofmitarbeiter Sebastian Kutzsche steigt in sein Fahrzeug und schließt die Tür. Er breitet ein schwarzes Tuch auf der Konsole aus, das Reflektionen der Windschutzscheibe verhindern soll. An der Frontscheibe steckt bereits ein Smartphone in einer Halterung. Darauf drückt er dreimal "Ja": Ist das Vlies richtig eingelegt? – Ja. Sind die Straßen trocken? – Ja. Ein weiterer Klick, und schon kann es losgehen.

Das Programm vergibt Noten

Kutzsche fährt auf die Kanalstraße und startet die Kameraaufnahme. Alle vier Meter erstellt das Smartphone nun ein Foto der vor ihm liegenden Straße. Mithilfe eines speziellen Algorithmus wird ihr Zustand später automatisiert ausgewertet.

Der Algorithmus vergibt dann für jedes Bild eine Note von eins bis sechs. Er identifiziert zudem kritische Stellen, wie etwa Risse und Versetzungen, im Straßenbild. Der Bauhof plant nun zweimal im Jahr Zustandserfassungen, je im Herbst und im Frühjahr. So können sich Veränderungen des Zustands im zeitlichen Verlauf gut abbilden lassen.

Treuchtlinger Bauhof arbeitet mit intelligenter App

© Foto: Lidia Piechulek

Eine Straßenkarte auf dem iPhone-Bildschirm zeigt bei jeder Rundfahrt mit roten Linien an, welche Straßen bereits befahren worden sind. Diese Funktion ist sowohl für die Kontrollfahrten, in denen der Bauhof einmal pro Woche den Zustand aller Gemeindestraßen überprüft, als auch bei der quartalsmäßig oder halbjährig stattfindenden Zustandserfassung aller Straßen hilfreich.

Der große Mehrwert des Programms "vialytics" ist allerdings vielmehr der Wegfall vom klassischen Klemmbrett, Zettel und Stift. Bislang musste ein Bauhofmitarbeiter in Schrittgeschwindigkeit sämtliche Wege befahren, mit viel Papierwerk wurde dann der Zustand jeder Straße aufgenommen und ebenso mühsam ausgewertet und priorisiert. Nun übernimmt dies alles eine Software, keinerlei Schreibarbeit ist mehr von Nöten.

Ein konstantes Bild der Straßen

Insgesamt zwei Pakete hat der Bauhof der Stadt Treuchtlingen vom Stuttgarter Unternehmen vialytics erworben. Diese beinhalten zwei iPhones samt Halterungen und externen Steuerungsringen für das Lenkrad (siehe Bild unten links), die zugehörige Software, sowie unbegrenzten Zugang zu Auswertungen und ein PC-Programm, in dem man sämtliche Daten filtern und exportieren kann – etwa nach Dringlichkeit der Maßnahme.

Alle Aufnahmen der Straßen durchlaufen zunächst einen Datenschutz-Filter, der automatisiert sämtliche Kfz-Kennzeichen und Menschen im Bild verpixelt. Im Anschluss arbeitet ein Algorithmus an der Analyse jedes einzelnen Bildes. Bis diese Daten ausgewertet vorliegen, können zwischen zwei und vier Wochen vergehen.

Deshalb kommt die Möglichkeit ins Spiel, während einer Rundfahrt Markierungen zu setzen. Werden beispielsweise ein umgestürzter Baum oder eine Ölspur auf der Straße entdeckt, müssen diese natürlich sofort beseitigt werden. Der Bauhofmitarbeiter kann hierzu auf einen speziellen vialytics-Knopf an seinem Lenkrad drücken.

Das Programm setzt dann an dieser Stelle eine Markierung an diesem Punkt der Route. Zusätzlich kann man eine Sprachnotiz aufnehmen, in welcher man den entdeckten Mangel genauer beschreibt.

Auch mit dem Fahrrad

Auch in der Zustandserfassung sämtlicher Radwege im Gemeindegebiet wird vialytics künftig eingesetzt. Hierfür gibt es ein extra iPhone samt Halterung und einen Knopf für die Montage an einem Fahrrad-Lenker. Sebastian Kutzsche fährt gerne Fahrrad und freut sich schon auf die Gelegenheit, das neue Programm so auszuprobieren.

Genutzt werden können die Daten dann auch bei Anfragen von Bürgern, oder etwa in Stadtratssitzungen, in denen über Baumaßnahmen im Straßen- und Radwegenetz gesprochen werden soll. "Dann muss niemand extra rausfahren, um sich ein Bild vor Ort zu verschaffen", freuen sich die Mitarbeiter des Bauamts. Stattdessen hätte man alle Daten digital vorliegen.

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