Haben Sie auch Winterblues? Fünf Tipps gegen die Corona-Falle

23.1.2021, 19:10 Uhr
Viele kämpfen im Winter mit dem Blues. 

© Enrique Ramos Lopez, NN Viele kämpfen im Winter mit dem Blues. 

"Es gibt noch genug Positives", sagt Karlheinz Ruckriegel, Professor an der Technischen Hochschule Nürnberg, der es sich zur schönen Aufgabe gemacht hat, über das Glück zu forschen. Glück, sagt er, ist subjektives Wohlempfinden. Einerseits eher punktuell: Wie zufrieden bin ich momentan? Und längerfristig gedacht: Wie zufrieden bin ich mit meinem Leben insgesamt? Für Letzteres ist es gut, sich realistische und keine utopischen Ziele zu setzen. Insgesamt sollte unsere Gefühlsbilanz passen, sagt Ruckriegel. Die positiven Gefühle am Tag überwiegen. Na klar. Aber wie?

1. Nicht auf den Ärger fokussieren

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© Karin Becker

Indem wir uns nicht auf negative Gefühle fokussieren. Wer sich im Stau aufregt bis zum Anschlag, ändert am Stau gar nichts. Auch an der Pandemie können wir gerade nicht viel ändern. "Aber es gibt es jeden Tag noch genug Gutes", ist Ruckriegel überzeugt. Ein interessantes Gespräch, eine Arbeit, die wir fertig stellen, ein Kompliment, das wir bekommen. Er rät zu etwas, das vielleicht banal klingt, aber wirksam ist: ein Dankbarkeitstagebuch zu schreiben, in dem man festhält, was einem Gutes widerfahren ist. Zwei- bis dreimal die Woche über mehrere Monate geführt, trainiert es einen, mehr auf gute Gefühle zu achten. Manchen fällt das schwerer, manchen leichter, sagt der Glücksforscher: "Aber es stärkt alle."

Etwas, das uns außerdem glücklich macht, ist der Kontakt zu anderen Menschen: Gelingende soziale Beziehungen sind ein zentraler Punkt für das Wohlbefinden, sagt Ruckriegel. Er selbst, seit März im Homeoffice, war zunächst skeptisch, was Online-Treffen à la Zoom und Co. angeht. "Inzwischen finde ich das wunderbar. Man kann damit viel ersetzen", sagt er. Es ist wie es ist, momentan. "Wir sollten flexibel damit umgehen", rät er. Er selbst plant seine Tage zuhause möglichst strukturiert. Er geht täglich mit seiner Frau spazieren, und wenn es nur eine halbe Stunde ist.

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Bewegung, man weiß es ja, ist ein Schlüssel, wenn nicht zum Glück, dann mindestens zur Zufriedenheit. Nina Winkler, seit 20 Jahren Fitnesstrainerin, kann es jeden Tag bei ihren Kunden beobachten. Täglich kann man in ihrem Studio "Fryday" auf AEG trainieren. Jetzt eben online. Sich zu überwinden, falle vielen schwer, weiß sie. Und sagt einen so einfachen wie weisen Satz: "Man muss eigentlich nur mal anfangen." Unter Garantie, sagt sie, fühlt man sich danach besser.

2. Den inneren Schweinehund überwinden

Die Gesichter ihrer Kunden, die sie auf dem Bildschirm sieht, geben ihr Recht. "Alle Leute strahlen und sind glücklich." Der persönliche Kontakt, trainiert wird live mit Trainer und anderen Teilnehmern, hat einen großen Anteil daran. "Andere Menschen zu sehen, mit ihnen zu interagieren, auch wenn es nur digital ist, das tut einfach gut", sagt sie.

Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um in die eigene Gesundheit zu investieren. Zehn Minuten am Tag reichen schon. Zum Beispiel, um laufen zu gehen. Winklers Lieblingsstrecke ist der Pegnitzgrund. Auch für Anfänger geeignet, weil es hier keine Steigungen gibt. Auch ein Spaziergang, flotteren Schrittes, hat schon einen guten Effekt. Wer online trainiert, sollte es besser mit persönlicher Anleitung tun, rät sie. "Man kann sonst viel falsch machen." Und legt allen die regionalen Anbieter ans Herz. "Damit tut man sich etwas Gutes und den lokalen Studios auch."

3. Wärmendes Frühstück

Etwas Gutes tut man seinem Körper mit einem guten Start in den Tag. Zum Beispiel mit einem warmen Haferbrei, auch Porridge genannt, empfiehlt Beate Birkel, die Ernährungsberaterin nach der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ist. "Das Verdauungssystem wird entlastet, da die Nahrung nicht auf Körpertemperatur erwärmt werden muss. Dadurch werden sämtliche Körperfunktionen positiv unterstützt", erklärt Birkel. Zimt, Kardamom und Walnüsse stärken zusätzlich das Immunsystem. Hier ihr Rezept mit Bananen, Äpfeln und Walnüssen:

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Zutaten für 1-2 Portionen: 1 Stk. Apfel und Banane, 2-3 TL Honig, 1 EL Rosinen, Zimt, Walnüsse, 200 g Haferflocken oder Alternative, Kardamom, 1 kleine Prise Salz,1 Zitrone, Reismilch o.ä. Für das Hafer-Apfel-Porridge, Apfel schälen und in kleine Würfel schneiden. Haferflocken mit der Reismilch (Alternativ: Dinkel-, Hafer-, Mandelmilch oder falls es vertragen wird, Kuhmilch) mit der Hälfte der Banane langsam ca. 20 Min. köcheln. Rosinen, Apfel, Rest-Banane etwas Zimt und gemahlenen oder gemörserten Kardamom beifügen und auf kleiner Flamme ca. 5 Minuten dünsten. Gelegentlich umrühren, mit gehackten Walnüssen bestreuen. Wer möchte, kann einen Spritzer Zitrone zum Schluss dazugeben. Warm servieren und eventuell mit Honig süßen. Wirkung: Ein leckeres Frühstück, das für ein wohlig warmes Bauchgefühl sorgt und kinderleicht zubereitet ist. "Eignet sich hervorragend in der kalten Jahreszeit", sagt Birkel.

3. Action für Kinder

Rausgehen und Bewegung ist das Stichwort, für alle, die Kinder haben. Damit die dabei gut drauf sind, sollte etwas Abenteuer dabei sein.
"Ein schönes Gespräch reicht denen nicht", sagt Kathrin Walther, die für die Kinderredaktion unserer Zeitung schreibt und Mutter von zwei Kindern ist. Ein Spaßfaktor sollte dabei sein. Aber einer, der die Eltern nicht zu sehr stresst. "Sonst hat man ja schon wieder Leistungsdruck." Sie empfiehlt etwa das Steinbrüchlein mit seinem Waldspielplatz oder einen Besuch im Reichswald. Spannende pädagogische Online-Programme extra für Kinder bieten auch viele Museen. "Das ist dann zwar auch digital, aber mit gutem Gewissen", sagt Walther.

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© Rudi Ott

Geocaching macht Kindern großen Spaß, weiß Erlebnispädagoge Heiko Thurner. Mit GPS oder einfach dem Handy macht man sich draußen real auf die Suche nach einer vergrabenen Box. Im Netz gibt es einige Anbieter, etwa geocaching.com oder opencaching.de. Momentan sollte der Schatz draußen nur nicht weiter weg als 15 Kilometer vergraben sein. Draußen wie drinnen funktioniert sein zweiter Tipp: Kettenreaktionen nach dem Domino-Effekt bauen. Im Internet gibt es viele Varianten, die man vereinfacht ausprobieren kann.

Der Schlaf-Wach-Rhythmus gerät bei Kindern durchs Homeschooling durcheinander, weiß Kneginja Richter, Leiterin der Schlafambulanz der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Nürnberger Klinikum. Aber auch Erwachsene gehen momentan oft später ins Bett und stehen, dank Homeoffice, später auf. Und bekommen so weniger Tageslicht ab. Energieverlust und Antriebslosigkeit sind die Folge. "Die Klagen darüber sind deutlich gestiegen", stellt die Ärztin fest.

4. Tägliche Lichtdusche

Auch sonst gesunde Menschen leiden verstärkt darunter. Ihr Rat: "Licht, Licht, Licht!" Jeden Tag vor 16 Uhr eine Stunde rauszugehen, auch bei bewölktem Himmel, gibt uns mehr Energie. Ihr Tipp für drinnen: Tageslichtlampen, im (Online-)Handel zu kaufen. Zwischen 3000 und 10 000 Lux sollten sie haben. Richter selbst macht tägliche Lichtduschen. Morgens schaltet man die Lampe etwa eine Stunde lang an und stellt sie neben sich, beim Lesen oder beim Arbeiten am Laptop etwa. Wie bei Sonnenlicht gilt: bitte nicht direkt hineinschauen.

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© Alena Ozerova/ colourbox.de

Weil erholsamer Schlaf auch wichtig ist fürs Wohlbefinden, sollte man, wenn man Handy oder Laptop vor dem Einschlafen nutzt, wenigstens auf Nachtmodus stellen. So wird der Blaulichtanteil des Lichts ausgefiltert, der uns ansonsten wachhält. Wacht man nachts auf, sollte man nicht auf die Uhr schauen. Denn das setzt nur unter Druck. O Gott, so spät schon! Wälzt man sich länger als 20 Minuten, sollte man etwas tun oder lesen, das einen langweilt. "Keinen Krimi lesen!", sagt Richter und lacht.

Lesen, genau. Wenn wir durchhängen, schadet es nichts, sich ein paar heitere Gedanken von außen zuzuführen. "Willkommen auf Skios", eine Verwechslungskomödie mit englischem Humor von Michael Frayn, empfiehlt zum Beispiel Buchhändler Steffen Beutel. "Ich hab das im Zug gelesen und dabei so laut gelacht, dass mich einer am Ende gefragt hat, ob ich ihm bitte den Buchtitel sagen kann", erzählt Beutel. Auch wenn die Lage gerade nicht so rosig ist, klingt er fröhlich. Immer zum Lachen ist ihm natürlich gerade auch nicht, sagt er. Grundsätzlich ist er ein eher gut gelaunter Typus. Das gibt er auch gerne an seine Kunden weiter, wenn sie anrufen. Trotz Schließung ist er jeden Tag in seinem Laden. Und spürt, wenn jemand mal nicht so gut drauf ist: "Dann versucht man, ein bisschen aufzumuntern."

5. Lesen macht glücklich

"Man muss gerade schon kämpfen", sagt Buchhändlerin Christina Rauch und empfiehlt "Die Bücherfrauen" von Romalyn Tilghman. Anstatt zu verzweifeln, stampfen hier drei Frauen quasi aus dem Nichts ein neues Kulturzentrum aus dem Boden. Auch ihr hilft es, jeden Tag in den Laden zu kommen, Kunden zu sprechen, spazieren zu gehen. Und mal ein Prosecco, der nach der Inventur im Kühlschrank wartet. Was macht sie sonst noch gegen schlechte Laune? "Schlechte Witze reißen", sagt Rauch und lacht. Für die Gefühlsbilanz sicher der richtige Weg.
Die Verfasserin dieser Zeilen empfiehlt noch "Geschichten, die glücklich machen", eine Sammlung mit Kurzgeschichten zum Thema Glück von Kurt Tucholsky bis Isabel Allende. Und stellt am Ende der Recherche fest: Gespräche mit netten Menschen heben wirklich die Laune. Probieren Sie es doch auch mal aus und rufen Sie jemanden an. Gehen Sie ein bisschen raus. Weil auch die graueste Wolkendecke meistens noch besser ist als die, die einem daheim auf den Kopf fällt.

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