Auf den Kunstrasen kommt nun Kork

22.7.2019, 18:09 Uhr
Auf den Kunstrasen kommt nun Kork

© Foto: Helmut Hollfelder

Einher ging bei beiden Klubs auch ein sportlicher Aufstieg in die Landesliga beziehungsweise Bezirksliga. Doch diese Kunstrasenprojekte verschlangen in großen Kraftakten jeweils rund eine halbe Million Euro. Es ist also nicht verwunderlich, dass man wenig begeistert ist von den Nachrichten aus Berlin, dass sich Deutschland an die europäischen Pläne anhängt. Von 2022 an soll das Gummi-Granulat, das auf diesen Plätzen als Unterlage verwendet wird, nicht mehr zulässig sein. Innenminister Horst Seehofer will sich immerhin für eine Übergangsfrist von sechs Jahren für bestehende Kunstrasenplätze einsetzen.

Seehofers Parteikollege Walter Nussel ist in dieser Angelegenheit gleich doppelt involviert. Zum einen als Politiker , zum anderen als Vorsitzender des Landesligisten 1. FC Herzogenaurach. Er sei kein Experte und verlasse sich deshalb auf wissenschaftliche Aussagen. "Es muss geprüft werden, ob an der Sache etwas dran ist, dann kann man entscheiden." Sollte sich herausstellen, dass das Material krebsfördernd sei, dann könne man es natürlich nicht mehr verantworten, weiterzuspielen. Nussel weist aber auch darauf hin, dass bestimmte Alternativen zum Kunststoffgranulat auch nicht unbedenklich sein könnten, da sich beispielsweise Pilze bilden könnten.

Für Edith Thomann kommt diese Nachricht – je nachdem, wie man es nimmt – zur Unzeit oder zur rechten Zeit. Die Schatzmeisterin des 1. FC Herzogenaurach, die das Projekt Kunstrasen bei den Pumas federführend betreut, ist nämlich gerade dabei, den C-Platz für die Kleinfeldmannschaften ebenfalls in ein Kunstrasenfeld umzuwandeln; im September soll dieser schon bespielbar sein.

Schon am Sonntag hat Edith Thomann per WhatsApp bei der Nürnberger Firma Gartenbau Müller einen Termin mit einem Gummigranulat-Hersteller abgesagt: "Jetzt sind die Würfel gefallen, wir steigen bei diesem Platz auf Kork um."

Auch hier wolle man sich im Interesse der Spieler, auf dem Kleinfeldplatz sind es vor allem Kinder, wieder für die höherwertigere Variante entscheiden. "Wir hatten bisher keine Klagen wegen Allergien oder sonstiger gesundheitlicher Probleme."

Für den bestehenden Lothar-Matthäus-Sportplatz muss man sich nun etwas einfallen lassen. "Aber wir warten natürlich erst einmal ab, wie die politischen Entscheidungen fallen", sagt Edith Thomann. Es sei zwar bedauerlich, dass die großen Anstrengungen, die der FCH – gemeinsam mit Stadt und BLSV – unternommen habe, nun so endeten, aber jetzt heiße es eben, neue Lösungen zu finden.

Und die wird auch Kork heißen, Das wird wieder Geld kosten, das man derzeit wegen des bevorstehenden Kleinfeldplatzes nicht zurücklegen könne. Allerdings müsse man ja auch das Gummi-Granulat immer wieder mal nachfüllen, so dass die Kosten sich in Grenzen hielten.

Und qualitativ habe sich das Kork-Granulat nach ersten Problemen auch verbessert, weiß Edith Thomann. So habe auf einem Platz bei Kronach das Material geschimmelt. Inzwischen habe man aber an der Technik gefeilt. Was sich nicht ändern lasse: Nässe bleibt ein Problem – und auch Hitze und lange Trockenheit: Dann wird der Kork steinhart. Doch im Grundsatz steht für sie fest: "Kunstrasen muss sein und ist heute Standard. Seit wir den Platz haben, geht es bergauf, wir bekommen immer mehr Nachwuchs – und der muss ganzjährig trainieren können."

Probleme bei Nässe

In Weisendorf ärgert sich Norbert Kreiner ein wenig, dass man sich seinerzeit nicht für Kork als natürliche Alternative entscheiden hat: "Das wäre nachhaltiger gewesen – und eigentlich wollten wir das auch machen." Aber dann gab es einen Vorfall in Ostdeutschland, der die ASV-Verantwortlichen zum Umdenken brachte: Nach einem Starkregen waren die gesamten Kork-Brösel ausgeschwemmt, der Platz nicht mehr benutzbar.

Nun hat man das gängigere Kunststoffgranulat auf der Anlage. Die sollte laut Kreiner schon 15 bis 20 Jahre halten, damit sich die größte Investition des Vereins in den vergangenen 30 Jahren auch amortisiert. "Der Platz war teurer als unser Sportheim und viele Mitglieder haben sich da über die Maßen engagiert. Und wir sind zwar kein ganz kleiner Verein, aber solche Summen können wir auch nicht oft in die Hand nehmen."

Sollte das Gesetz umgesetzt werden, gebe es diverse Optionen: Entweder das Mikroplastik "absaugen" und doch durch das teurere Kork ersetzen. Mit einer speziellen Maschine wird das Granulat ohnehin bei der Platzpflege regelmäßig abgesaugt, der Schmutz rausgefiltert und dann wieder verteilt.

Alternativ müsste der Platz rückgebaut werden und wieder zum Rasenfeld werden. Aber auch das koste sicherlich wieder 250 000 bis 300 000 Euro – und dann dauere es ja auch, bis der Platz wieder bespielbar ist. Ein Rollrasen würde das beschleunigen, koste aber nochmals mehr.

Im Prinzip könne er das Mikroplastik-Verbot schon nachvollziehen, hofft dann aber auch, dass die Politik auch die Industrie so an die Kandare nehme wie die Vereine mit Kunstrasenplätzen, "denn die sind ja nur ein Bruchteil des Problems".

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