Der späte Triumph des Willi Scheidt

17.7.2019, 16:41 Uhr
Der späte Triumph des Willi Scheidt

© Foto: Karl-Heinz Flucke

Leinefelde-Worbis in Nord-Thüringen war heuer der Austragungsort für die deutschen Senioren-Leichtathletikmeisterschaften. Schon im Vorfeld war bekannt geworden, dass der zigfache Welt- und Europachampion Guido Müller vom TSV Vaterstetten bei diesen Titelkämpfen aus privaten Gründen seinen Abschied nehmen würde.

Auf der ganzen Welt war er auf den Sprintstrecken eigentlich nicht zu schlagen, und vor allem Willi Scheidt hätte wohl viel mehr goldene als silberne Medaillen in seinem Trophäenschrank, wenn es diesen Rivalen nicht gegeben hätte, der ihm schon auf bayerischer Ebene stets vor die Nase gesetzt wurde. Und diese Zieleinläufe setzten sich dann bei deutschen, europäischen und Weltmeisterschaften fort.

Auch gemeinsam erfolgreich

Aber auch gemeinsam waren die beiden erfolgreich: 2009 etwa liefen beide in der deutschen 4 x 400-Meter-Staffel, die mit 4:17,48 Minuten einen Fabelweltrekord aufstellte und die alte Bestmarke bei den über 70-Jährigen regelrecht pulverisierte.

Zehn Jahre später "ist Guido nicht mehr der Alte", sagt Willi Scheidt. Die Frau des Vaterstetteners ist erkrankt, der Sport rückt da in den Hintergrund, die aufsehenerregende Karriere beendete er nun in Thüringen – unter viel Beifall und stehenden Ovationen der langjährigen Rivalen.

Nur ein Sieg blieb ihm bei seinem letzten Auftritt verwehrt. "Schade" findet das auch Willi Scheidt. Zunächst fand das Duell der beiden am Samstag über die 400 Meter statt. Doch der lachende Dritte war Karl Jakob vom LAC Obernburg/Miltenberg, der in 80,25 Sekunden den hohen Favoriten auf der Zielgeraden noch überholte. Der wurde Zweiter in 80,94 Sekunden vor Scheidt (81,50). Das restliche Feld war weit abgeschlagen.

Die alte Hierarchie "Müller vor Scheidt" war gewahrt geblieben. Aber es gab noch eine Möglichkeit, diese schwarze Serie zu beenden. Zwei Zeitendläufe standen am Sonntag über die 200 Meter an. Im zweiten, schnelleren Lauf traf Willi (Bahn 3) auf Guido (Bahn 2). Der Sieg ging zwar an Adolf Nehren vom LA TuS Mayen in 33,34 Sekunden, aber auf Platz zwei folgte schon Willi Scheidt in 33,65 Sekunden dicht vor Guido Müller in 33,91. Für den Herzogenauracher war die Freude groß: endlich einmal vor dem großen Guido Müller ins Ziel gekommen zu sein.

Ohne Müller waren die Läufe über 100 Meter über die Bühne gegangen, hier belegte Willi Scheidt Platz vier unter acht Athleten in 16,03 Sekunden.

Willi Scheidt dürfte seinen großen Rivalen vermissen, aber er sagt auch: "Selbst ohne Guido geht es weiter, es gibt viele gute Läufer in unserer Altersklasse."

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