Edelholz für den König

19.5.2006, 00:00 Uhr
Edelholz für den König

Schachbretter produzieren die Ulbrichs inzwischen schon in der dritten Generation. Der Ursprung ist jedoch ganz unspektakulär: Gottfried Ulbrichs Großvater Rolf hatte ein großes Kaufhaus in Reichenberg (Tschechien). Nach dem Zweiten Weltkrieg kam er als Flüchtling in die Region und überlegte, was es hier noch nicht gibt, was er also verkaufen könnte; so kam er auf die Schachbretter. «Mein Opa war Kaufmann durch und durch. Mit Holz hatte er bis dato gar nichts zu tun“, erzählt Gottfried Ulbrich. «Es ging letztlich nur ums Geschäft.“

Und das lief in der Tat prächtig. Auch als Gottfrieds Vater, Rolf Ulbrich Junior, übernahm und mit europäischen Edelhölzern anfing, fanden die hochwertigen Bretter noch reißenden Absatz. Unter Rolf Juniors Führung wurden auch erstmals magnetische Reise-Schachbretter hergestellt.

Schließlich ging das Traditionsunternehmen 1995 an Gottfried. Er erschloss den amerikanischen Markt und produzierte zu Spitzenzeiten 20 000 Bretter im Jahr. Seit einigen Jahren sei die Nachfrage aber stark am Abbrechen, sagt Ulbrich bedauernd. Der Grund? «Die Leute greifen fast nur noch zu Billigprodukten aus dem Ausland.“ Und vielleicht liege es auch daran, dass die klassischen Gesellschaftsspiele nicht mehr «in“ seien. Wer sich jedoch ein ästhetisch schönes Kunstwerk ins Haus stellen möchte, der ist mit einem edlen Intarsien-Schachbrett von «Ulbrich Spieledesign“ bestens bedient.

Wie aber entsteht nun so ein Brett? Der aufwändigste Teil sind die Einlegearbeiten, so genannte Intarsien. Diese Intarsien, also die Oberfläche eines Brettes, werden aus 0,6 Millimeter dünnem Furnier gefertigt. Das Furnier beziehen die Ulbrichs von Holz-Großhändlern und die Auswahl ist nur vom Feinsten: Kirsche, Nusswurzel, Ebenholz, Vogelaugenahorn — manche dieser Edelhölzer können im Einkauf schon einmal 40 bis 50 Euro pro Quadratmeter kosten.

Eigens konstruierte Maschine

Corinna Ulbrich schneidet das Furnier in Streifen, einen Packen helles und einen Packen dunkles Furnier. Für größtmögliche Präzision verwendet sie eine eigens für die Ulbrichsche Schachbrett-Herstellung konstruierte Schneidemaschine, die genauer und schneller arbeitet als die herkömmlichen Maschinen. Dann werden immer vier helle und vier dunkle Streifen mit Furnierklebeband zusammen gefügt. Diese zusammengeklebten Bahnen werden anschließend nochmals in Streifen geschnitten, so dass einzelne Streifen mit schwarz-weißen Kästchen entstehen. Legt man die dann versetzt nebeneinander und klebt sie nochmals zusammen, entsteht das typische Schachbrettmuster.

Die Abläufe werden bei den Ulbrichs übrigens noch alle von Hand gemacht. «Dafür muss man schon ein gewisses Fingerspitzengefühl haben“, sagt Gottfried Ulbrich. Trotzdem lässt es sich aber nicht verhindern, dass bei jeder Produktionsreihe — immer 30 bis 50 Stück von einer Sorte — auch ein gewisser Ausschuss anfällt. Dann zum Beispiel, wenn das Furnier an manchen Stellen zu dünn ist und reißt. Egal, wie weit das Brett dann schon gediehen ist, es wandert in den Abfall. Denn Qualität wird bei «Ulbrich Spieledesign“ ganz groß geschrieben.

Individuelle Einzelstücke

Das fertige Furnier — eventuell noch mit einem Rahmen — wird nun «aufgedeckelt“, das heißt, auf 12 Millimeter dicke Holzplatten geklebt. Dann wird geschliffen, gerundet und geglättet, zum Schluss werden die Bretter grundiert und lackiert — und fertig ist das edle Holz-Schmuckstück. Die Figuren beziehen die Ulbrichs aus Indien, Spanien und Thailand; sie sind ebenfalls handgearbeitet. Für ein komplettes Schachspiel muss der Kunde zwischen 100 und 350 Euro hinblättern, hat dafür aber auch ein individuelles Einzelstück. Schließlich gleicht kein Schachbrett in der Maserung dem anderen völlig. Eine Besonderheit bei den Ulbrichschen Brettern sind auch die abgerundeten Kanten — eine Idee von Vater Rolf, die von den Kunden begeistert aufgenommen wurde.

Dennoch weiß Gottfried Ulbrich: «Auf Dauer haben wir gegen das Ausland keine Chance.“ Er sei zwar «stolz, der einzige deutsche Schachbrett-Hersteller“ zu sein, aber das allein rentiere sich nicht mehr. Er wird zwar der Tradition wegen auch weiterhin hochwertige EdelholzBretter herstellen — neben Schachbrettern auch Backgammon oder Mensch-ärgere-Dich-nicht —, aber nurmehr als Hobby. Hauptberuf ist inzwischen der Innenausbau mit der «Schreinerei Jornitz und Ulbrich“.

Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.ulbrich-spieledesign.de