Ordentlich Ackern

Meerrettich: So kommt der fränkische Kren ins Glas

16.11.2021, 10:29 Uhr

Der Anbau von Meerrettich ist sehr zeitaufwendig und arbeitsintensiv: Hier Marga Schmidt beim Fechser schneiden. © Marga's Kren, NN

Dass Andreas Schmidt eine Atemschutzmaske trägt, hat nichts mit Corona zu tun. Es liegt aber daran, dass die Produkte von "Marga's Kren" mit möglichst wenig Konservierungsstoffen auskommen sollen. Denn Familie Schmidt baut in Biengarten bei Höchstadt auf 5,5 Hektar Meerrettich (fränkisch: Kree oder Kren) an. Alle 14 Tage zieht ein Familienmitglied einen Gesichtsschutz über und raspelt 400 Kilogramm Rohware, die dann fertig gemacht werden für den Direktverkauf. Wenn die Zellen der Pflanze durch Kauen oder Reiben verletzt werden, entstehen Senföle. Sie sorgen für den scharfen Geschmack, stehen aber dermaßen in der Nase, dass Andreas Schmidt Gasmaske trägt.

Die stressigste Zeit im Jahr

Dann schnauft er kurz durch. "Für uns ist es die stressigste Zeit im Jahr", sagt der Gesellschafter von "Marga's Kren". Denn momentan läuft nicht nur die Meerrettich-Ernte, es stehen auch zahlreiche Messen an. Das heißt, Andreas Schmidt muss nicht nur flexibel sein, er braucht auch ein biegsames Kreuz. Schließlich ist es harte Arbeit, die scharfe Wurzel aus der Erde zu holen. "Für einen Hektar Anbaufläche sind 1000 Stunden Arbeitszeit auf dem Acker nötig", sagt der zweifache Vater. 80 Prozent davon sind reine Handarbeit, 600 Stunden entfallen auf die Ernte.

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Der Anbau von Meerrettich ist sehr zeitaufwendig und arbeitsintensiv: Hier Marga Schmidt beim Fechser schneiden. © Marga's Kren, NN

Deshalb sind gerade alle Familienmitglieder viel gebückt unterwegs. Die Eltern Marga und Gerhard, die junge Generation Andreas und seine Frau, Schwester und Bruder samt Familien packen mit an. Dennoch geht bei der Ernte nichts ohne Saisonhelfer. Sechs Arbeitskräfte aus Rumänien momentan vor Ort. Der Meerrettich wurzelt sehr tief und wird deshalb mit einem Rüttelpflug gelockert. Von Hand wird die Pflanze dann auf den Hänger verladen. Bis Dezember wird der Meerrettich in der Scheune geputzt und für den Verkauf vorbereitet.

Auf rund 80 Hektar Ackerland wird in Bayern Kren angebaut, 50 bis 60 Hektar davon liegen im Aischgrund. Die meisten Produzenten liefern ihren Kren in die Meerrettich-Stadt Baiersdorf, Familie Schmidt hingegen setzt auf Direktvermarktung. "Das hat uns gut durch den Lockdown gebracht", verrät Andreas Schmidt. Die Nachfrage sei 2020 viel höher gewesen als erwartet. Also doch größere Reibereien als geplant. Nach der Haltbarmachung mit Branntweinessig und Zucker können Kunden Meerrettich direkt vom Bauernhof kaufen.

Ruhezeit für einen Krenanbauern gibt es eigentlich nur direkt nach der Ernte im Dezember und im Januar. Nicht umsonst lautet ein Spruch: "Ein Acker mit Kren, will seinen Herrn jeden Tag seh’n!". Weil die Samen der Meerrettichblüte taub sind, erfolgt die Vermehrung ausschließlich über die Wurzel, genannt Fechser. "Mit dem Vorbereiten der Fechser starten wir im Februar", berichtete Andreas Schmidt. "Sie werden kontrolliert und auf eine einheitliche Länge geschnitten".

Im März heißt es, das Feld vorzubereiten und zu pflügen, damit die Fechser im April leicht schräg in die Erde kommen können. Wenn der Meerrettich ausgetrieben hat, werden die Köpfe freigelegt. Nur der stärkste Trieb bleibt stehen. Dies wird bei Bedarf im August wiederholt und gleichzeitig der Acker mit der Harke vom Unkraut befreit. "Wir sind also immer gut beschäftigt", sagt Andreas Schmidt. Wenn es viel regnet und die Erde verklumpt, ist die Ernte besonders mühsam. Wenn der Chef dann aber auf die scharfe Wurzel beißt, sind die Mühen schnell vergessen.

Gerhard Schmidt sortiert die Fechser. © Marga's Kren, NN