"Nicht praktikabel"

Holetschek schließt Hotspot-Regelungen für Bayern vorerst aus

Hans Böller & Roland Englisch

Redakteur der Nürnberger Nachrichten

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19.3.2022, 15:51 Uhr
Bayern schert aus: Gesundheitsminister Klaus Holetschek will keine schärferen Maßnahmen in Landkreisen und Städten mit hohen Inzidenzen ergreifen.   

© Sven Hoppe/dpa/Archivbild Bayern schert aus: Gesundheitsminister Klaus Holetschek will keine schärferen Maßnahmen in Landkreisen und Städten mit hohen Inzidenzen ergreifen.  

Das neue, von der Bundesregierung vorgelegte Infektionsschutzgesetz ist am Freitag von Bundestag und Bundesrat beschlossen worden. Die bisherigen Corona-Maßnahmen gelten nur noch bis einschließlich Samstag, 19. März. Ab dem Sonntag werden sie durch einen Basis-Infektionsschutz ersetzt, der in Bayern nach einer Übergangsfrist ab dem 2. April gilt. Darin enthalten ist ein Passus, nach dem die Länderregierungen für sogenannte Hotspots besondere Auflagen erlassen können.

Das heißt: Strengere regionale Regelungen kommen zur Anwendung, wenn ein auffälliges Infektionsgeschehen vorliegt und eine Überlastung der Gesundheitsversorgung droht. Ein Hotspot kann laut des neuen Gesetzes eine Kommune, eine Region oder auch ein ganzes Bundesland sein.

Regionale Maßnahmen

In so einem Fall können betroffene Kommunen oder Landkreise erweiterte Schutzvorkehrungen anwenden: Maskenpflicht, Abstandsgebote, Hygienekonzepte, Zugangsbeschränkungen nach den 2G- oder 3G-Regelungen, Kontaktbeschränkungen. Die Landesparlamente müssen entsprechende Beschlüsse fassen – wenn sie "das Bestehen der konkreten Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage" (so der Gesetzestext) konstatieren.

Der Freistaat Bayern hat offensichtlich nicht vor, davon Gebrauch zu machen. Ministerpräsident Markus Söder kritisierte die Gesetzvorlage wiederholt scharf. "Sehr unpraktisch" sei die Anwendung, so Söder, man müsse "für jeden einzelnen Landkreis und für jede kreisfreie Stadt einen Beschluss im Landtag fassen". Auch sei das Gesetz juristisch zu unbestimmt.

Bayern wird demnach keine entsprechenden Vorbereitungen treffen. "So ist die Hotspotregel nicht praktikabel", sagt Gesundheitsminister Klaus Holetschek gegenüber unserer Redaktion. "Zumal aus meiner Sicht im Moment ganz Deutschland ein einziger Hotspot ist." Wie Söder verweist Holetschek darauf, dass es unklar sei, wie und nach welchen Maßstäben Auflagen für Hotspots zu erlassen seien. "Ich fordere dringend Nachbesserungen von der Bundesregierung."

Der Gesundheitsminister gibt sich mit dem Gesetz der rot-grün-gelben Koalition nicht zufrieden: "Wir müssen schauen, ob es nicht praktikablere Lösungen gibt. Österreich führt gerade wieder die Maskenpflicht in Innenräumen ein. Das kommt ja nicht von ungefähr." Österreich hatte am 6. März trotz weiterhin hoher Inzidenzraten seine Corona-Beschränkungen weitgehend aufgehoben. Nach Plänen der österreichischen Regierung soll ab 23. März jedoch wieder überall FFP2-Maskenpflicht in Innenräumen gelten.

Auf Anfrage unseres Verlages erklärte eine Sprecherin des bayerischen Gesundheitsministeriums, dass aus Sicht des Staatsministeriums den Bundesländern auch nach dem 2. April außerhalb von Hotspots und damit inzidenzunabhängig die Möglichkeit gegeben sein sollte, gewisse Schutzmaßnahmen einzusetzen. Weiter heißt es aus dem Gesundheitsministerium, dass die aktuellen Änderungen des Infektionsschutzgesetzes zu "einer Unzeit" kämen, da in Zeiten von steigenden Inzidenzen und einer ansteigenden Belastung in den Krankenhäusern Handlungsspielräume notwendig seien.

Holetschek behält sich vor, auch mit Ende der Übergangsfrist am 2. April, härtere Maßnahmen zu ergreifen, um die Infektionszahlen in Bayern zu senken: "Wir werden die Lage genau beobachten und dann entscheiden wie wir nach dem 2. April weitermachen." Ansonsten gilt ab dem 2. April, dass sich die die Maskenpflicht auf Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Asylunterkünfte und öffentliche Verkehrsmittel beschränkt. Testpflicht wird nur noch in Krankenhäusern, Heimen und Schulen gelten.

Gültig bis September

Die Auflagen sollen am 23. September 2022 außer Kraft treten. Anschließend wird nach der Infektionslage entschieden, welche Schutzvorkehrungen für den Herbst und Winter erforderlich sein können. Für Holetschek ist das nicht nachvollziehbar: "Ich verstehe angesichts der Lage wirklich nicht, warum wir jetzt schon die Maßnahmen einschränken und selbst die Übergangsfrist nur bis zum zweiten April gilt."

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