Horst Seehofer: "Politik ist schon ein Suchtmittel"

22.12.2018, 05:41 Uhr
Horst Seehofer beim Redaktionsbesuch der Nürnberger Nachrichten.

Horst Seehofer beim Redaktionsbesuch der Nürnberger Nachrichten.

Herr Seehofer, das ist das letzte Interview, das wir mit Ihnen als CSU-Chef führen. Ist es auch das letzte Interview mit dem Bundesinnenminister Horst Seehofer?

Horst Seehofer: Nein. Vorausgesetzt, Sie laden mich wieder ein.

Sie beabsichtigen das Amt also noch lange innezuhaben?

Seehofer: Ich bin seit dem 14. März Bundesinnenminister und habe noch nicht einmal das einjährige Amtsjubiläum begangen. Mein Amt macht mir Freude, auch wenn es das schwerste ist, das ich in meiner politischen Laufbahn bisher ausgeübt habe. Und Deutschland braucht eine stabile Regierung.

Aber in der Bevölkerung hätten es in den letzten Monaten ja viele verstanden, wenn Sie den Posten abgegeben hätten.

Seehofer: Stimmungen schwanken. Mal heißt es, man solle das Amt unbedingt behalten, dann ist es wieder andersherum. Diese Zyklen sind sehr kurzlebig.

Auch in Ihrer Partei sagen viele: Horst Seehofer ist einer der größten Politik-Süchtigen, die es gibt. Er kann nicht aufhören. Sind Sie abhängig von der Droge Macht?

Seehofer: Politik ist schon ein Suchtmittel. Aber es ist gut, wenn man sich mit der Tatsache anfreundet, dass auch schöne Dinge im Leben endlich sind. Die Behauptung mancher, ich könne nicht loslassen, verstehe ich nicht. Ich habe mein Amt als Ministerpräsident in diesem Jahr geordnet übergeben. Ich habe vor, mein Amt als Parteivorsitzender am 19. Januar zu übergeben und ich glaube, auch das haben wir mit Anstand und Stil bewerkstelligt. Wenn ich wirklich abhängig wäre von dem Suchtmittel Politik, hätte dieser Generationswechsel ja nicht so funktioniert. Ich bin sicher, Markus Söder ist in dieser Situation auch die richtige Wahl.

 

Dennoch zog sich der Wechsel beim CSU-Vorsitz lange hin. Haben Sie deswegen so lange gezaudert, um Markus Söder möglichst lange zu verhindern?

Seehofer: Auch das ist eine Einschätzung, die nicht den Tatsachen entspricht. Ich wäre an und für sich von meiner Partei gewählt bis zum Herbst 2019. Nun gab es das Landtagswahlergebnis, für das ich als Parteivorsitzender verantwortlich gemacht worden bin, obwohl ich gar nicht zur Wahl stand und die Gründe dafür nicht nur in Berlin lagen. Trotzdem stellt sich dann die Frage, wie die Situation zu befrieden ist. Deshalb habe ich jetzt den Weg für die Erneuerung der CSU frei gemacht. Und ich kann ihnen sagen, ich bin heute erleichtert. Es ist eine riesige Verantwortung, die man als Parteivorsitzender innerhalb einer Regierungskoalition hat und zehn Jahre sind auch genug. Jetzt werde ich das Amt geordnet und ohne Streit übergeben, es wird ein guter Parteitag werden. Und nochmal: In dieser Situation ist Markus Söder der Beste für dieses Amt, bei dem es ja nicht nur darum geht, Bayern gut zu verwalten und die CSU zu führen, sondern die CSU in ihrer Einmaligkeit innerhalb der deutschen Parteienlandschaft zu erhalten. Dazu gehört viel Führungskunst, und die hat er.

Und was zeichnet den Mann sonst noch aus, dem Sie vor sechs Jahren "charakterliche Schwächen" und einen Hang zu "Schmutzeleien" attestiert haben?

Seehofer: Erstens sind diese Äußerungen, die Sie zitieren, geschichtlich inzwischen im Neandertal anzusiedeln. Zweitens entwickelt man sich als Politiker auch fort, das gilt für jeden von uns. Deshalb kommt mein Personalvorschlag Markus Söder wirklich von Herzen. Er hat ja selbst über sich als Ministerpräsident gesagt, dass ihn das Amt verändert hat. Mittlerweile füllt er sein Amt als Landesvater sehr gut aus, und das ist schön.

Karl-Theodor zu Guttenberg hat nun Zweifel daran geäußert, ob Söder geeignet ist, ein guter CSU-Chef zu werden. Was sagen Sie zu diesen Äußerungen?

Seehofer: Ich verstehe das ehrlich gesagt nicht, obwohl ich mich mit Karl-Theodor gut verstehe. Wir hatten den personellen Klärungsprozess innerhalb der CSU, der eine Zeit in Anspruch genommen hat, aber vernünftig gestaltet worden ist. Keine andere Persönlichkeithat sich dazu bereit erklärt, für den Parteivorsitz zu kandidieren, auch nicht Karl-Theodor zu Guttenberg. Auch deshalb ist es richtig, wenn die Funktion des Ministerpräsidenten und des CSU-Vorsitzenden in eine Hand kommen. Auch um das bundespolitische Gewicht der CSU in Berlin zu bewahren, dazu gehört nämlich einiges, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann. Neben einer starken Kanzlerin ist es nicht einfach, sich zu behaupten und bayerische Interessen durchzusetzen.


Das komplette Interview mit Horst Seehofer lesen Sie in der Samstagsausgabe der Nürnberger Nachrichten.

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