"Wer weiß, ob sich E-Mail durchsetzt"

"Ich kann nicht mehr": Behörde sucht Fax-Dienstleister - das Netz spottet

Tobi Lang

Redakteur

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26.1.2023, 20:17 Uhr
Von wegen ausgedient: Bei so mancher Bundesbehörde erfreut sich das Fax größter Beliebtheit. 

© Kay Nietfeld/dpa Von wegen ausgedient: Bei so mancher Bundesbehörde erfreut sich das Fax größter Beliebtheit. 

Deutschland, das ist eines der großen Versprechen der Ampelkoalition, soll endlich digitalisiert werden. Wie so häufig ist es einmal mehr das Fax, das zum Sinnbild der Versäumnisse in der Bundesrepublik wird: Aktuell sucht die Bundesnetzagentur einen neuen Dienstleister, der sich um die veraltete Übermittlungstechnologie kümmern soll. Und das "für geschätzt 3000 bis 4000 ein- und ausgehende Seiten pro Monat", womöglich fünf Jahre lang - und mit der Option auf mehr. Das geht aus einer öffentlichen Ausschreibung hervor.

Eine der vielen Pointen der Geschichte: Bewerbungen sind auf vielerlei Wegen möglich - nur nicht per Fax. Immerhin da ist die Bundesnetzagentur progressiv. Teil des Anforderungsprofil ist laut der Ausschreibung auch, dass bei "absehbaren Lastspitzen im Empfang und/oder Versand" eine Erweiterung der Faxkapazitäten möglich sein müsse. So ganz ausgedient hat das Medium offenbar also noch nicht. Außerdem gewünscht: Deutschsprachiger Support und die Bereitstellung von 9999 Faxnummern.

Viel Spott im Netz: Brieftauben und Mail-Zweifel

Spätestens seitdem die Netzaktivistin und Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg die Ausschreibung geteilt hat, macht sich die Behörde zum Gespött. "Wird das Ausmisten der Brieftauben auch noch ausgeschrieben?", fragt etwa ein Twitter-Nutzer. Ein anderer sagt: "Bei einem marktüblichen Seitenpreis von maximal fünf Cent ist das sicher ein Bombengeschäft!" Oder, merkt ein anderer an: "Das muss diese in anderen Bereichen hochgelobte Technologieoffenheit sein. Wer weiß, ob sich E-Mail durchsetzt."

Erst zuletzt bescheinigten Studien der Ampel-Koalition eine vernichtende Bilanz bei der Digitalisierung. Der Aufbruch sei nicht eingetreten, statt konkreter Maßnahmen habe es nur Floskeln gegeben - und die Mehrheit der Deutschen traut keiner Partei mehr zu, das Ruder herumzureißen. "Die hochgesteckten Digitalisierungsziele der Bundesregierung wurden bisher nicht einmal annähernd erreicht", sagt etwa der geschäftsführende Vorstand des Deutschen Mittelstandsbundes (DMB), Marc Tenbieg, dem Handelsblatt.