Kampf gegen Corona: Die ersten Nürnberger sind geimpft

27.12.2020, 17:00 Uhr
Der Nürnberger Hausarzt Wilhelm Renard erhielt offiziell als erster Impfkandidat die Spritze im Impfzentrum in der NürnbergMesse.

© NNZ Der Nürnberger Hausarzt Wilhelm Renard erhielt offiziell als erster Impfkandidat die Spritze im Impfzentrum in der NürnbergMesse.

Großer Bahnhof für ein winziges Fläschchen: Jede Menge Kameras hielten den Moment fest, als am Sonntag Wilhelm Renard, einem Hausarzt, im Nürnberger Messezentrum die allererste Spritze mit dem nagelneuen Impfstoff gegen Covid- 19 verabreicht wurde. Und als anschließend Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König zum offiziellen Auftakt der mit viel politischem Brimborium angekündigten Impfkampagne das leere Serumbehältnis präsentierte, das kaum größer ist als eine Fingerkuppe.

"Das reicht für fünf Personen", erläuterte Thomas Liedke, der Ärztliche Leiter von Ecolog Deutschland, der Firma, die das Impfzentrum mit den städtischen Partnern und Helfern betreibt. Die Halle 3 C, die jüngste der NürnbergMesse bietet dafür mehr als reichlich Platz; mit mobilen Trennwänden wurden ein Empfangsbereich, ein Aufklärungsbereich für die ärztliche Beratung und zwei "Impfstraßen" geschaffen, in denen auch für die nötige Diskretion gesorgt ist.

Auf bis zu 1000 Personen ausgelegt

Bis zu 1000 Bürger sollen hier einmal pro Tag geimpft werden können, weitere 1000 jeweils dezentral – doch bis dahin dürften noch viele Wochen ins Land gehen. Doch zum Start herrschte in dem 50.000 Dosen fassenden Kühlschrank direkt neben dem Impfplatz noch gähnende Leere: Von der allerersten Lieferung nach Bayern waren nicht mehr als 20 Fläschchen, also 100 Portionen zu je 0,3 Milliliter, für Nürnberg bestimmt.


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Ein mobiles Team konnte damit 80 Seniorinnen und Senioren im Nürnberger Sebastianspital beglücken. Die kürzlich von einer Infektionswelle heimgesuchte Einrichtung sei, so eine Mitteilung der Stadt, deshalb ausgewählt worden, weil der für die erste Runde angemeldete Bedarf dort genau der verfügbaren Menge entsprach. Rundum angetan zeigte sich denn auch der erste dort geimpfte Bewohner. "Er stand auch gleich auf und lief los, als könne er auf seinen Rollator verzichten", berichtete König schmunzelnd von einer unerwarteten Nebenwirkung.

"Schönstes Weihnachtsgeschenk"

Für das Team im Impfzentrum der Messe wurde es mit gerade mal 20 zu versorgenden Personen ein ziemlich geruhsamer Auftakt. Zumal es sich die Aufklärungsgespräche sparen konnte. Denn zum Impfen eingeladen waren lauter niedergelassene Mediziner, die mit den Problemen ohnehin vertraut sind und zu deren Patienten auch Heimbewohner gehören. "Für mich ist das jetzt das schönste Weihnachtsgeschenk", strahlte Wilhelm Renard aus Katzwang, der für den Termin eigens ein kurzärmeliges Hemd ausgesucht hatte.

Mit über 70 Jahren noch aktiv, macht er regelmäßig Besuche in zwei Heimen im Nürnberger Süden – und hatte ebenfalls schon direkt mit Covid-Erkrankungen zu tun. Freilich: Bis der Impfstoff die volle Wirkung entfaltet, muss er sich noch gedulden. "Das ist erst nach der zweiten Impfung soweit", erläutert Liedke. "Die erfolgt nach drei Wochen." Deshalb erhält jeder Impfling noch an Ort und Stelle einen Termin für die zweite Spritze.

"Und damit dann auch jeder zuverlässig versorgt werden kann, werden in Bayern entsprechende Vorräte angelegt", ergänzte König. So sehr er den "logistischen Kraftakt" und die "starke Forschungsleistung" würdigte, so sehr sah er sich auch genötigt, zur Geduld zu mahnen. Denn es werde womöglich die erste Jahreshälfte in Anspruch nehmen, um auch nur die Gruppe der über 80-Jährigen zu impfen. Rund 38000 Nürnbergerinnen und Nürnberger sollen direkt angeschrieben werden, kündigte König an. Und die allermeisten dürften das Angebot gerne annehmen.

Großes Interesse

Nicht anders die Pflegekräfte in den Heimen wie in den Kliniken. Allein rund 2000 Mitarbeiter sind im Klinikum Nürnberg auf Stationen mit besonders hoher Infektionsgefahr tätig. "Wir richten dafür eigene Impfposten ein", kündigte Vorstand Professor Achim Jockwig an. Die ersten Impfdosen sollen morgen zur Verfügung stehen. Aktuell werden nach seinen Angaben an den beiden Standort Nord und Süd insgesamt mehr als 200 Covid-Erkrankte stationär versorgt, davon knapp 40 auf intensivmedizinischen Stationen.


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Oft unvermittelt sehen sich gerade Hausärzte mit dem Virus konfrontiert: "Ich teste Patienten bei Verdacht nicht in meiner Praxis, sondern vor meiner Garage im Freien", berichtet etwa eine Medizinerin aus dem Nürnberger Norden. Und ein Kollege, der zu einer Großfamilie gerufen wurde, zog es vor, die Wohnung erst gar nicht zu betreten und Kinder wie Erwachsene lieber im Hausflur abzuhören. "Da waren bis zur Großmutter leider alle infiziert, die Tests konnte man sich sparen", erzählt er. Mit noch größerem Unbehagen sei indes der Bereitschaftsdienst verbunden. "Da weiß man noch weniger, was auf einen zukommt."

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