Klimaschutz in Nürnberg: Gut, aber nicht gut genug

13.2.2020, 20:25 Uhr
Die Sonne brennt erbarmungslos auf die Erde - ein Bild, das in den kommenden Jahren häufiger werden dürfte.

© Felix Kästle Die Sonne brennt erbarmungslos auf die Erde - ein Bild, das in den kommenden Jahren häufiger werden dürfte.

Manfred Miosga hatte reichlich Grund, unruhig auf seinem Stuhl hin- und herzurutschen bei dieser Klimaschutzkonferenz der Metropolregion Nürnberg an der Universität Bayreuth. Da skizzierte Sabine Jarothe, Amtschefin im bayerischen Wirtschaftsministerium, dass man den Freistaat bis zum Jahr 2050 klimaneutral machen möchte, da rechnete Erich Maurer von der Energieagentur Nordbayern vor, wie man in der Metropolregion bis zum Jahr 2050 mindestens 80 bis 95 Prozent an Treibhausgasen im Vergleich zum Jahr 1990 einsparen könnte. Doch für Miosga, den Bayreuther Professor für Stadt- und Regionalentwicklung, sind das Zielsetzungen von vorgestern. "Szenarien und Ziele für 2050 hatten vielleicht 2007 ihre Berechtigung. 2020, nach einem verlorenen Jahrzehnt, sieht das ganz anders aus", sagt er.

"Man sollte nicht darüber nachdenken, dass dies der wärmste Sommer seit 125 Jahren ist, sondern sich bewusst machen, dass dies wohl der kühlste Sommer der nächsten 125 Jahre werden wird", betont Miosga. Der CO2-Gehalt in der Atmosphäre ist von 280 ppm (parts per million) im vorindustriellen Zeitalter auf mittlerweile 415 ppm gestiegen. "Wir müssen auf jeden Fall unter 350 ppm kommen. Wir sind schon in einem Bereich, wo wir nicht mehr wissen, wie die Biosphäre auf diese schnelle und schockartige Veränderung reagieren wird", meint Miosga. In der Region ist man trotzdem durchaus stolz auf das zwischen den Jahren 1990 und 2018 bereits erreichte. In diesem Zeitraum sind die Treibhausgasemissionen um 30 Prozent gesunken.

Besser dezentral als große Trassen

In der Stadt Nürnberg liegt man schon bei 35 Prozent und wird in diesem Jahr wohl tatsächlich die anvisierten 40 Prozent schaffen – dem importierten Strom, der klimafreundlicher ist als prognostiziert, der Altgebäudesanierung, aber auch der warmen Winter sei Dank. Allein: Das reicht nicht. "In Zukunft werden wir sogar noch mehr Strom brauchen. Die Elektrifizierung nimmt zu, das macht man mit Effizienz nicht wett. Wo es früher einen Fernseher gab, gibt es jetzt zwei oder drei", sagt Josef Hasler, Vorstandsvorsitzender der N-Ergie. Dazu kommen die Elektromobilität und der zunehmende Einsatz von Wärmepumpen. Heute hat der in der Region erzeugte Strom aus erneuerbaren Energien einen Anteil von 46,4 Prozent am hiesigen Stromverbrauch.

Hasler stört es, dass vor allem die Privatverbraucher und das Kleingewerbe die Kosten der Energiewende tragen sollen. "Es ist auch die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Großindustrie, die Energiewende mit zu finanzieren", betont er. Das bestehende Stromversorgungsnetz hält Hasler für "exzellent", große neue Trassen wie den Südostlink für unnötig. Er möchte die Energiewende so dezentral wie möglich gestalten. Selbst Autos sieht Hasler künftig als fahrende Kraftwerke. Mit überschüssigem Strom wird die Batterie geladen. Wenn der Stromversorger gerade einen Engpass hat, bietet er den Autobesitzern an, die Energie auf der Batterie gegen ein Entgelt wieder herunterzuladen. Nur einige Gaskraftwerke zur Versorgungssicherheit braucht man noch in Haslers Vision – und einen CO2-Preis von mindestens 50 Euro pro Tonne.

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