Lehrermangel an Bayerns Schulen: Verband spricht von Krise

8.10.2019, 13:26 Uhr
Im letzten Schuljahr sind über alle Schularten hinweg neun Prozent aller Unterrichtsstunden (gleich 6,2 Millionen) "nicht planmäßig" gehalten worden und 1,5 Prozent ersatzlos ausgefallen (eine Million).

© Marijan Murat/dpa Im letzten Schuljahr sind über alle Schularten hinweg neun Prozent aller Unterrichtsstunden (gleich 6,2 Millionen) "nicht planmäßig" gehalten worden und 1,5 Prozent ersatzlos ausgefallen (eine Million).

Mit Zahlen konnte sie ihre Behauptung, dass sich "Wunsch und Wirklichkeit" an den Schulen immer weiter voneinander entfernten, allerdings nicht belegen. Für den BLLV hat das von Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) zu Jahresbeginn ausgegebene Versprechen, vor jeder Klasse werde ein Lehrer stehen, nichts Beruhigendes. Diese Rechnung gehe "mitnichten auf", sagte Fleischmann gestern in München.

Bildungsqualität wie sie heute verstanden werde sei weitaus mehr als reine pflichtgemäße Unterrichtsversorgung: "Die Eltern lassen sich nicht mehr mit der Pflicht abspeisen", sondern erwarteten, dass die Lehrer fördern und differenzieren, soziale Prozesse begleiteten und auf individuelle Stärken und Schwächen eingingen. Die gebundene Ganztagsschule funktioniere "definitiv nicht mit einem Lehrer pro Klasse".

BLLV-Vizepräsident Gerd Nitschke bestätigte nach einer bayernweiten Umfrage des Verbands, dass am ersten Schultag tatsächlich vor jeder Klasse ein Lehrer gestanden habe. Allerdings sei aus etlichen Schulamtsbezirken berichtet worden, dass die mobile Lehrerreserve schon aufgebraucht sei, zumal in diese Reserve "Hilfslehrer, Schwangere und Langzeitkranke" aufgenommen worden seien. Erste Kombiklassen mussten gebildet werden, Zusatzangebote und Wahlfächer konnten nicht angeboten werden. Vermehrt würden "Lehrkräfte ohne Qualifikation" und Studenten als Lehrer eingesetzt.

Verantwortung dafür trügen Kultusministerium und Minister, in der Kritik vor Ort stünden aber in erster Linie die Lehrer, beklagte Fleischmann. Die Pädagogen sollten in der aktuellen "krisenhaften Situation" den "Ruf der Schule schön reden". "Der Brand ist nicht gelöscht, der Lehrermangel konkret und die Situation alles andere als rosig", so die BLLV-Präsidentin.

6,2 Millionen Stunden "nicht planmäßig" gehalten

Dass die Lage an den bayerischen Schulen ohne Intervention von Jahr zu Jahr kritischer wird, belegt der Lehrerverband an den Zahlen der beiden letzten Schuljahre. Im letzten Schuljahr sind demnach über alle Schularten hinweg neun Prozent aller Unterrichtsstunden (gleich 6,2 Millionen) "nicht planmäßig" gehalten worden und 1,5 Prozent ersatzlos ausgefallen (eine Million). Im Laufe einer zwölfjährigen Schullaufbahn summierten sich diese Ausfälle auf ein Jahr und drei Monate, rechnete Fleischmann vor. Wenn Prognosen des Kultusministeriums eintreffen, denen zufolge die Zahl der Schüler im Freistaat bis zum Schuljahr 2025/2026 um 125 000 zunimmt, würden sich die Unterrichtsausfälle schon gleich gar nicht reduzieren lassen. Sollte die Schülerzahl in den nächsten fünf Jahren in dieser Größenordnung wachsen, werden nach BLLV-Berechnungen mehr als 10.000 Lehrer zusätzlich benötigt.

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