Mandy S. war auch in der fränkischen Neonazi-Szene aktiv

8.12.2017, 05:59 Uhr
Im Münchner NSU-Prozess gegen Beate Zschäpe musste die Frisörin im Jahr 2014 als "Szene-Zeugin" aussagen. Sie erschien mit dunkler Sonnebrille und einem Tuch vor dem Gesicht. Rechts ist das Schützenhaus zu sehen.

© Markus Hannich/BILD, Roland Fengler, Montage: nordbayern.de Im Münchner NSU-Prozess gegen Beate Zschäpe musste die Frisörin im Jahr 2014 als "Szene-Zeugin" aussagen. Sie erschien mit dunkler Sonnebrille und einem Tuch vor dem Gesicht. Rechts ist das Schützenhaus zu sehen.

Mandy S. gilt als eine der wichtigsten und frühesten Helferinnen des . Die Bundesanwaltschaft wirft ihr vor, Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe 1998 beim Untertauchen geholfen und die Drei in der Wohnung eines Freundes in Chemnitz einquartiert zu haben. Im Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung steht sie an siebter Stelle hinter Beate Zschäpe. Ihr Anwalt widerspricht der Aussage, S. habe den NSU bewusst unterstützt.

Jedoch haben die Recherchen eine tiefe Verstrickung von Mandy S. ins rechtsextremistische Umfeld ergeben. Sie gehörte über Jahre hinweg gewaltbereiten Neonazi-Organisationen an, verteilte Flugblätter in Nürnberg, nahm an Aufmärschen der Rechten in Gräfenberg teil sowie an Schulungen des vorbestraften Neonazis Matthias Fischer aus Fürth. Die Sächsin Mandy S. war von den Zielen der - inzwischen verbotenen - Fränkischen Aktionsfront, die Fischer ins Leben gerufen hatte, fasziniert und wollte eine "Sächsische Aktionsfront" in Chemnitz aufbauen.

Sie besuchte Fischer persönlich in seiner damaligen Wohnung in Fürth, die sich in der Nähe eines Tennisvereins befand. Ein fingierter Mitgliedsausweis des Tennis Clubs, ausgestellt auf den Namen von S., aber mit einem Foto von Beate Zschäpe versehen, fand sich im November 2011 im Brandschutt in der Zwickauer Frühlingsstraße, der letzten Wohnung des NSU-Trios. Mandy S. hatte ihre AOK-Krankenkassen-Karte Beate Zschäpe zur Verfügung gestellt, damit diese unerkannt zum Arzt gehen konnte.

S. lebte von Sommer 2002 bis März 2003 im fränkischen Büchenbach (Landkreis Roth) - zum Zeitpunkt, als der NSU in Nürnberg bereits zwei Morde verübt hatte. Beim dortigen Schützenverein übte sie das Schießen. Die Polizei interessierte sich zuletzt auch für die Frage, ob sich während dieser Zeit Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos mit S. in der fränkischen Region getroffen haben.

S. war noch bis Anfang 2011 Mitglied der mittlerweile verbotenen "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige" (HNG) und nahm an deren Treffen teil. Sie soll einen wegen Totschlags eines Homosexuellen in Amberg inhaftierten Skinhead unterstützt und betreut haben.

Immer wieder war sie mit führenden Köpfen der Neonazi-Szene liiert. Erstmals war sie Ende der 1990er Jahre nach Franken gezogen und hatte dort an Demonstrationen und Veranstaltungen von Rechten in Marktredwitz und Selb teilgenommen.

Politiker und Nebenklagevertreter kritisieren das zögerliche Verhalten der Ermittlungsbehörden bei der Enttarnung der NSU-Unterstützer. Sie fürchten, dass nach dem Urteil gegen Beate Zschäpe die Verfahren eingestellt werden, auch gegen Mandy S. Der frühere bayerische Ministerpräsident und Innenminister Günther Beckstein (CSU) geht ebenfalls von einem Helfer-Netz aus: "Ich meine, dass es Mitwisser und Mittäter in Nürnberg und der Region geben muss."

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