Massenschlägerei in Nürnberg: Polizei nennt weitere Details

6.5.2020, 17:30 Uhr
Gegen 20 Uhr meldete ein Passant eine größere Gruppe Jugendlicher in der Königstorpassage. Die Polizei eilte mit einem großen Aufgebot herbei und konnte "so offensichtlich eine erneute, größere Schlägerei" verhindern.

© Andreas Eberlein Gegen 20 Uhr meldete ein Passant eine größere Gruppe Jugendlicher in der Königstorpassage. Die Polizei eilte mit einem großen Aufgebot herbei und konnte "so offensichtlich eine erneute, größere Schlägerei" verhindern.

Nach den Streitigkeiten der Adam-Klein-Straße in Eberhardshof und der Königstorpassage ist weiterhin noch nicht geklärt, weshalb sich die Gruppe von Jugendlichen zu der geplanten Auseinandersetzung treffen wollte und was der genaue Auslöser des Zoffs war. Erste Ermittlungsergebnisse gibt es aber: Das Aufeinandertreffen war in einer Chatgruppe vereinbart worden. Als Austragungsorte waren Fürth und Erlangen im Gespräch. Dies teilte das Polizeipräsidium Mittelfranken am frühen Mittwochabend mit.

Was war passiert? Am Dienstag alarmierten gegen 18 Uhr mehrere besorgte Anwohner die Polizei: Die Zeugen berichteten von einer Schlägerei im Bereich der Adam-Klein-Straße in Eberhardshof - dabei seien auch Eisenstangen im Einsatz gewesen. Personen mit Eisenstangen traf die Polizei nicht an. Die Ermittler nahmen die Personalien der Anwesenden auf und erteilte ihnen einen Platzverweis. Ein Teil der Gruppe flüchtete jedoch vor den hinzugerufenen Polizeikräften und fuhr mit der U-Bahn zum Fürther Hauptbahnhof. Als die Jugendlichen dort Polizeibeamte bemerkten, sprangen einige von ihnen in den Gleisbereich und rannten davon.

Ein anderer Teil der Gruppierung zog zur Königstorpassage und fiel dort gegen 20 Uhr auf. Polizeisprecher Stefan Bauer sagte im Gespräch mit der Redaktion: "Es ist nichts Schlimmeres passiert, weil die Polizei so schnell dazwischen gegangen ist." 45 Beamte - unter anderem der Bayerischen Bereitschaftspolizei und der Polizeiinspektion Nürnberg-Mitte - nahmen nach Angaben des Präsidiums die Jugendlichen für die Dauer der Identitätsfeststellung vorläufig fest.

Dabei schlug ein 16-Jähriger einem Beamten ins Gesicht und verletzte diesen leicht. Zudem versuchten während der Polizeiaktion mehrere Beteiligte, bereits in Gewahrsam genommene Jugendliche zu befreien. Wie Videoaufnahmen laut Polizeisprecher Bauer belegen, kamen die Jugendlichen in einer großen Gruppe in die Königstorpassage - beim Auftauchen der Polizei rannten einige von ihnen davon. Die Polizisten verfolgten die Heranwachsenden, um deren Identität festzustellen.

Eineinhalb Stunden für einen Hamburger

Dabei gerieten wohl auch Unbeteiligte ins Visier der Beamten. So meldete sich die Familie eines 15-Jährigen bei der Redaktion, der einen Hamburger kaufen wollte und rund eineinhalb Stunden vor Ort festgehalten wurde. "Meine Hände wurden mit Kabelbinder fixiert. Es war unangenehm, weil ich auf die Toilette musste - aber nicht durfte", berichtete der 15-Jährige. Der Junge durfte nach etwa eineinhalb Stunden gehen, musste aber sein Handy abgeben. Seine Mutter im Telefonat mit der Redaktion: "Es ist eine Frechheit. Wir Eltern wurden nicht verständigt, dass unser Sohn festgehalten wird."

"Ich muss immer noch weinen"

Ein 17-Jähriger, der sich in einem Supermarkt am Hauptbahnhof Schokolade gekauft hatte und heim wollte, wurde nach Angaben seiner Familie ebenfalls von 19 bis etwa 24 Uhr festgehalten. Auch ihm wurde das Handy weggenommen, er wurde auf die Wache gebracht, die Eltern wurden nicht benachrichtigt. Erst gegen 24 Uhr wurde seine Mutter verständigt, sie könne jetzt ihren Sohn abholen - die Frau hatte sich den ganzen Abend Sorgen um ihren Sohn gemacht, stundenlang bei Freunden und Bekannten telefonisch nach ihrem Kind geforscht. Am Tag nach dem Vorfall war die Mutter nervlich am Ende: "Ich bin sprachlos, ich muss immer noch weinen."

Die Hintergründe für die Schlägerei sind noch völlig unklar. Nach ersten Erkenntnissen habe man keine Hinweise auf eine politisch motivierte Tat oder einen Streit zwischen verschiedenen Familien. Erste Ermittlungen deuten darauf hin, dass sich die Jugendlichen gezielt für eine Schlägerei verabredet haben.

Rund 40 Smartphones eingezogen

Die Beamten leiteten mehrere Ermittlungsverfahren unter anderem wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs, der gefährlichen Körperverletzung sowie des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ein.

Laut Polizeisprecher Stefan Bauer wurden rund 40 Smartphones von Jugendlichen eingezogen. Darauf dürften auch die ersten Ermittlungsergebnisse zurückzuführen sein. Dass auch Unbeteiligte von der Polizei festgehalten wurden, könne nicht ausgeschlossen werden. Eltern könnten sich im Bedarf telefonisch an die Polizeiinspektion Nürnberg-Mitte 0911/2112 6115 wenden.

43-Jähriger von Jugendlichen attackiert

Zur Aufklärung der Hintergründe und Ermittlung begangener Straftaten wurde bei der Polizeiinspektion Nürnberg-Mitte eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Diese soll auch mögliche Zusammenhänge mit einem Vorfall klären, der sich ebenfalls am Dienstag um 19.15 Uhr am Hauptbahnhof in Erlangen ereignete.

Ein 43-Jähriger Mann war dort von einer Gruppe von zehn Jugendlichen attackiert worden, als er sie auf die noch geltenden Corona-Beschränkungen hinwies. Die jungen Männer schlugen nach Zeugenaussage auf den Geschädigten ein, so dass dieser kurz zu Boden stürzte. Anschließend flüchteten die Täter in unbekannte Richtung. Der Angegriffene wurde durch die Auseinandersetzung leicht verletzt.

Die Ermittlungsgruppe der Polizeiinspektion Nürnberg-Mitte sucht nun Zeugen oder Geschädigte, die zur Aufklärung der Angelegenheit beitragen können. Diese können sich unter der Rufnummer 0911/2112-6115 an die Polizei wenden.

Der Artikel wurde zuletzt am 6. Mai um 17.30 Uhr aktualisiert.


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