Mord nach 33 Jahren „Ehe-Hölle“: Würzburger vor Gericht

22.11.2011, 17:59 Uhr
Mord nach 33 Jahren „Ehe-Hölle“: Würzburger vor Gericht

© dpa

Seit Dienstag muss sich der 72-Jährige nun wegen Mordes vor dem Landgericht Würzburg verantworten. Zutreffend sei, dass der Angeklagte die 77-Jährige „vorsätzlich getötet hat, ohne dass dafür ein rechtfertigender Grund vorlag“, erklärte sein Verteidiger Jan Paulsen vor der Schwurgerichtskammer. Zum Motiv werde sich der Senior erst äußern, wenn er noch einmal mit Psychiater Detlef Blocher über die Hintergründe gesprochen hat. Bereits vor dem Prozess hatte er ihm jedoch erzählt, dass die Ehejahre für ihn die „Hölle“ gewesen seien.

Auch zuvor hatte es der Mann schwer: Bereits im Alter von zwei Jahren wurden er und 13 Geschwister auf verschiedene Kinderheime verteilt, nachdem der Vater im Krieg gefallen war. Seit dem 22. Lebensjahr lebte er meistens als Obdachloser auf der Straße. Nach einem Herzinfarkt lernte er 1978 in der Klinik seine spätere Ehefrau kennen, die dort als Krankenschwester arbeitete.

Anfang der 1990er Jahre wurde ihm ein Gehirntumor entfernt. 2002 verlor er Magen, Milz und Gallenblase, weil ihm in einer Gaststätte in Nördlingen versehentlich eine ätzende Flüssigkeit serviert wurde. Auch Speiseröhre und Stimmbänder wurden in Mitleidenschaft gezogen: Der 72-Jährige kann nur leise sprechen, und wegen seines Gesundheitszustandes kann immer nur wenige Stunden am Stück verhandelt werden.

Alle Anzeichen sprechen dafür, dass es hinter den Türen der Wohnung in Reichenberg im Kreis Würzburg nicht so harmonisch zuging, wie es das Paar nach außen zeigte. Viel konnte Martin Hinterseer von der Würzburger Kripo bei seinen Ermittlungen nicht herausfinden: „Sie haben sehr zurückgezogen gelebt. Sie war wohl die Dominierende, die ihn sehr umsorgt, aber auch gegängelt hat.“



Den Lebensunterhalt bestritt das Paar vom Vermögen der Frau, der Angeklagte bekommt nur 198 Euro Rente im Monat. Schon ein gutes halbes Jahr vor der Tat „wollte ich aus allem raus“, sagte der 72-Jährige. Im Juni 2010 hob er 5.000 Euro ab, versuchte eine Entführung vorzutäuschen und blieb danach eine Woche verschwunden. Als er dann am 31. Dezember 2010 erneut 2.000 Euro vom Konto seiner Frau holte und mit dem Auto ins Allgäu fuhr, lag die Leiche der 77-Jährigen bereits seit einer Woche unberührt im Schlafzimmer.

Nachbarn, die am 24. Dezember um 4.19 Uhr Hilferufe und dumpfe Schläge aus der darüber liegenden Wohnung gehört hatten, und der Bruder der Getöteten informierten schließlich die Polizei. Die Beamte drangen am Abend des 1. Januar 2011 in die Wohnung ein und fanden die Leiche. „Ihr Schädel war massiv eingeschlagen“, sagte ein Beamter im Zeugenstand.

Die Anklage geht davon aus, dass der 72-Jährige seine schlafende Frau zunächst mit einem Messer attackierte und immer wieder auf Kopf und Hals einstach. Anschließend soll er sie mit wuchtigen Hammerschlägen getötet haben. Der Rentner wurde am 3. Januar im Allgäu festgenommen und sitzt seither in Würzburg in Untersuchungshaft.

Verwandte Themen


Keine Kommentare