70 Jahre US-Truppenübungsplatz Hohenfels: Als Dörfer verschwanden

19.1.2021, 11:35 Uhr
70 Jahre US-Truppenübungsplatz Hohenfels: Als Dörfer verschwanden

© Foto: Paul Böhm

Siebzig Jahre werden es heuer, dass Hohenfels wieder als Truppenübungsplatz genutzt wird. Mit der Forderung nach einer erneuten militärischen Nutzung des ehemaligen Wehrmachtsübungsplatzes kam im Jahr 1951 dessen Westerweiterung um gut 6000 Hektar. Verschwunden sind 1951 aus dem Erweiterungsgebiet die Gemeinden Lutzmannstein, Pielenhofen, Griffenwang und Geroldsee. Auch die Randgemeinden waren von den Gebietsabtretungen betroffen.

Bereits 1937 wurde ein Übungsplatz für das 7. Bayerische Armeekorps nach der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im Jahr 1935 im Dritten Reich gefordert. Damals waren es 1622 Menschen aus 60 Ortschaften und Weilern aus 247 Höfen, die teilweise unter Druck abgelöst und in alle Winde verstreut worden sind. "Wenn sie nicht unterschreiben, dann sehen wir uns in Dachau wieder“, soll man damals öfter gehört haben.

Nach dem zweiten Weltkrieg hatte man auf dem Wehrmachtsübungsplatz damit begonnen, in den ehemaligen Ortschaften Ostflüchtlinge anzusiedeln, denn viele der damaligen Dörfer waren noch in einem einigermaßen brauchbaren Zustand gewesen. Meist waren es Flüchtlinge aus dem Böhmerwald, aus Schlesien, Ostpreußen, Baltendeutsche, dem Egerland und Wolhynien-Deutsche gewesen, die jedoch in Hohenfels nur vorübergehend eine Bleibe finden sollten.

Noch 1948 glaubte niemand daran, dass die militärische Ära des Platzes nochmals aufleben würde. Man begann mit staatlichen Beihilfen viele Höfe neu zu besiedeln und aufzubauen.

In den nachfolgenden Jahren verhärteten sich die Ost-West-Beziehungen und der "Kalte Krieg“ und die Koreakrise haben auch mitten in der Oberpfalz den Ausschlag gegeben, dass die in Süddeutschland stationierten Einheiten, speziell der 7. US-Army, einen Übungsplatz für ihre Verbände suchten.

Mitten hinein in die laufende Wiederbesiedelung waren bereits im März 1951 Zivilbeamte der US-Militärregierung im Hohenfelser Rathaus erschienen. Sie interessierten sich für die wirtschaftliche Lage des Hohenfelser Landes und seiner Bevölkerungsstruktur. Dieser Besuch hinterließ zunächst den Eindruck, dass er einer allgemeinen Information diente, möglicherweise aber auch im Zusammenhang mit einer US-Wirtschaftshilfe oder dergleichen stehen könnte.

Es führte jedoch bald zu der Vermutung, dass die Besatzungsmacht sich über das Hohenfelser Land informieren wollte, um prüfen zu können, ob ihr möglicher Anspruch auf einen Truppenübungsplatz vertretbar und erfolgversprechend sei. Doch an die Verwirklichung solch eines Vorhabens glaubte niemand ernsthaft.

Informationen blieben streng geheim

Nicht einmal Gerüchte liefen um und die lokale Zeitung wusste in dieser Zeit nur von Begebenheiten allgemeinen Interesses zu berichten:

3. Mai 1951: In der Ortschaft Pielenhofen wurde der Kirchturm gestrichen.

9. Mai 1951: Protestversammlung in Hohenburg. Sieben Anliegergemeinden fordern die Rückgabe ihrer Grundstücke, die sie 1938 abtreten mussten. Die allgemeinen Entschädigungssummen hatten sie durch Krieg und Währungsreform verloren.

Juni 1951: Die Zeitung berichtete wiederholt über die bei Land und Bund vorgebrachten Anträge, die Kreise Parsberg und Neumarkt zu Notstandsgebieten zu erklären.

Bei einem „Siedlerforum“ in Nainhof wünschte sich ein Siedler Klarheit über die Eigentumsverhältnisse der geschenkten Amerikakühe und forderte, bei der Kreditgewährung auch zurückkehrende einheimische Siedler mit einzubeziehen.

Ein anderer Siedler erinnerte an das Versprechen des Bayerischen Staatsministers Schlögl bei der Übergabe der 30 Vollbauernstellen in Machendorf, wonach jeder Siedler eine entsprechende Waldzuteilung erhalten solle.

Auch die Eigentumsverhältnisse seien noch nicht geklärt, hieß es. Die Bayerische Landessiedlung solle beim Bund vorstellig werden, um Sondermittel für die Siedler zu bekommen. Vorgesehen waren damals 152 Vollbauernstellen und 27 Nebenerwerbssiedlungen mit insgesamt 3500 Hektar.

Weiterhin wurde von den Siedlern gefordert, dass die Waldzuteilung vorangetrieben werden solle. Von insgesamt 1200 Hektar Wald war die Rede. Am 4. Juli 1951 berichtete die Zeitung: „Der 100-stündige Pumpversuch an einem neuen, 91 Meter tiefen Brunnen zur Wasserversorgung der Gemeinde Lutzmannstein hatte Erfolg“. Der Brunnen liegt in einer Talsenke bei Judeneidenfeld, unweit von der Hohenburger Abzweigung nach Velburg.

Eine Meldung in der Parsberg-Hemauer Umschau „Wird Hohenfels wieder Truppenübungsplatz?“ war ein erster Hinweis und ließ aufhorchen.

Im Juni 1951 hatte die Besatzungsmacht für ihre im süddeutschen Raum stationierten Truppen der 7. US-Army von der Bundesrepublik Deutschland die Abtretung eines Truppenübungsplatzes massiv gefordert. Nachdem die Amerikaner Hohenfels und Wildflecken zunächst abgelehnt hatten, kündigten sie den Zusammentritt einer Kommission zur Festlegung der Grenzen des von ihnen gewünschten Truppenübungsplatzes Hammelburg an.

Unter dem Eindruck der Koreakrise hatte die Besatzungsmacht auf eine schnelle Entscheidung nach weiteren Truppenübungsplätzen gepocht und erwartete von den deutschen Dienststellen eine schnelle Entscheidung.

Trotz der ersten Ablehnung durch die Amerikaner nach einem Übungsplatz, der den Umfang des Wehrmachtsübungsplatzes von etwa 10.200 Hektar weit überstieg, rückte Hohenfels als Ersatz für Hammelburg bei den zuständigen deutschen Regierungsstellen immer mehr in den Vordergrund.

Zurückblickend erscheint es nicht ausgeschlossen, dass das Bundeskanzleramt nicht nur die zukünftige politische Entwicklung zu berücksichtigen hatte, sondern dass auch die schwierige und kostenintensive wirtschaftliche Entwicklung dieses Gebietes bei allen Erwägungen einen maßgeblichen Einfluss ausgeübt hat.

25. Juli 1951: Der Bundestagsabgeordnete Kahn aus Regensburg berichtete bei einer Versammlung in Parsberg, dass für Hohenfels die Entscheidung noch nicht gefallen sei. "Wenn heute die Amerikaner von der Beschlagnahme abgesehen hätten, so sei deshalb die Sache noch nicht ad acta gelegt“, soll er damals gesagt haben. Zu 90 Prozent sei Hohenfels vorerst nicht mehr als Übungsplatz vorgesehen.

Sollte jedoch der deutsche Verteidigungsbeitrag Wirklichkeit werden, so werde für deutsche Truppen nachfolgender Jahre ein Übungsplatz benötigt, bei dem nur auf bereits bestehende Übungsplätze zurückgegriffen werden müsse, wobei auch wieder Gefahr für Hohenfels bestehen könne.

Pläne werden konkret

Eine erneute Besprechung am 31. Juli 1951 mit der Dienststelle Blank machte dann sehr schnell deutlich, dass Hohenfels als Ersatz für Hammelburg ernstlich erwogen wurde.

Dass es nicht bei dem bisher bekannten Ausmaß bleiben würde, wenn der Platz für schwere Artillerie und Panzerwaffen verwendet wird, war abzusehen. Eine Ausweitung auf 20 bis 25 Kilometer Länge und 10 bis 15 Kilometer Breite würde unbedingt notwendig werden. Auch eine verfasste Denkschrift der Landräte von Parsberg und Neumarkt sollte diese Entscheidung nicht mehr stoppen können. Eine angedachte Nordausdehnung hinein in den Bereich des Hirschwaldes war von der Dienststelle Blank bereits im Vorfeld verworfen worden.

Bereits am 7. August 1951 wurden in Amberg mit Vertretern der 7. US-Army, der Military Post Nürnberg, des Landes Bayern, des örtlichen Kreis-Resident-Officer und der Bonner Regierungsbehörde EUCOM der Vorschlag für die Westausdehnung des Hohenfelser Übungsplatzes beschlossen. Die Amerikaner drängten auf eine sehr schnelle Ablösung. Als Termin war der 15. November 1951 gesetzt.

Von Paul Böhm

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