Reitstadel

Bewegung und Verdichtung mit Bildern von Anita Brandt und Anna Meier

1.6.2021, 12:06 Uhr
Bewegung und Verdichtung mit Bildern von Anita Brandt und Anna Meier

© Wolfgang Fellner

Bewegung ist zur Zeit angesagt: in den festgefahrenen Bestimmungen in Sachen Krise, Bewegung im häuslichen Büro, Bewegung in der Frühlings-Kühle. In die musste der Kunstkreis Jura noch einmal eine Vernissage verlegen, und die beiden Künstlerinnen aus Neumarkt und Lauterhofen, die dabei den Ton angaben, die hatten sich auch auf dieses Thema geeinigt.

Wie man im Reitstadel sehen kann, offenbar problemlos. Denn viele der fast sechzig ausgestellten Arbeiten galoppieren geradezu auf den Betrachter los: mit heranstürmenden Rennpferden zum Beispiel, bei denen man spürt, wieviel malerische Kraft Anna Meier investiert hat. Auch genaue Beobachtungsgabe für den Realismus ihrer Acryl-Bilder und die darstellerisch meisterhaft gelungenen Bewegungsstudien.

Moment höchster Konzentration

Es sind meist die entscheidenden sportlichen Momente, die sie auf ihre großformatigen Bilder bannt: die Kurvenlage der Radrennfahrer, den Hochspringer über der Latte, das Atemschöpfen der Brustschwimmer. Alles ist in einen Moment höchster Konzentration und Verdichtung komprimiert – womit man schon bei ihrer Ausstellungskollegen Anita Brandt ist und ihren abstrakten Kompositionen - auch hier die Verdichtung Minimalem in Formen und Bewegungsmuster.

„In Bewegung“ hatte der Ausstellungsplan den ganzen Kunstkreis Jura versetzt. Gerade mal zwei Wochen hatte man Zeit, von der Absicht zur Ausführung zu kommen. Der Vorsitzende Oskar Reithmeier berichtete vom Risiko der „Zahlen“, von der Verlegung der Vernissage nach außen, der Bilder nach innen – und selbstverständlich wollte man die Vorschriften penibel beachten: noch einmal also die Einlasskontrolle per Wäscheklammer.

Künstlerinnen "überglücklich"

Es gab herzliche Grußworte der stellvertretenden Landrätin Susanne Hierl, eine Einführung durch die Kulturamtsleiterin Barbara Leicht – und unerwartet viele Gäste, die den Kulturmotor auch in Neumarkt wieder in Gang setzen wollten. Übereinstimmung bei Meier/Brandt: „Wir sind überglücklich, dass so kurzfristig alles möglich gemacht wurde.“

Viele Sportler und Sportarten sind den Kulturbürokraten schon weit voraus: die von Anna Meier in vehementem Zweikampf festgehaltenen Fußballer, die Segler mitten in steifer Brise – „Sportbild“ hätte die Ausstellung auch heißen können. Zumindest zur Hälfte, denn da waren auch die „In-Bewegung“-Bilder, die Linienverdichtungen von Anita Brandt, konsequente und sich dauernd verändernde Formspiele. Bei denen ist nicht von kraftvollen Kämpfen die Rede, sondern von einem schwerelosen Liniengewirr, das große Flächen verschieden intensiv füllt: Nähe und Entfernung treiben da ihr Spiel, auch das von Format und Licht.

Enormer Arbeitsaufwand

Bilder wie „schwerelos“ oder „schattenlos“ erzählen da von enormem Arbeitsaufwand der Künstlerin, von der Mühe des Betrachters, sich in aller Freiheit vorzustellen, was man da vielleicht gegenständlich, figürlich herauslesen könnte: Amöben, Strukturen in der Petrischale, immer neue Zusammensetzungen sich auflösenden oder verdichtenden Materials. Konsequent entscheidet sich Brandt für jeweils nur eine vorherrschende Farbe, belässt es in vielen Arbeiten auch bei purem Schwarz/Weiß, setzt Fineliner ein oder Reiskohle.

Was sich hier aus atomarer Winzigkeit zusammensetzt, hat bei Anna Meier dann schon zur endgültigen, kompakten Form gefunden. Die Arbeiten der beiden Künstlerinnen sind also wie die Endpunkte einer langen Entwicklung. Dass sie sogar zusammengearbeitet haben, braucht einen deshalb nicht zu wundern. Bis hin zu den Disney-Figuren: „Lustig“ ist dafür der vorherrschende Kommentar des Publikums.

Das sieht sich offenbar nicht überlastet oder belästigt durch zu viel Gedankenschwere in einer unterhaltsamen Ausstellung. „Wäre ja gelacht !“, heißt es bei Anna Meier und ihrem Korbball spielenden Goofy. Was wahrscheinlich meint: Wäre ja gelacht, wenn diese Ausstellung bis zum 20. Juni (Mi-So 14-17 Uhr) nicht ihr Publikum finden würde. Auskünfte unter Tel. 0171/6866110.

Keine Kommentare