Die handgerollte Kubanische ist ein Kunstwerk

8.12.2007, 00:00 Uhr
Die handgerollte Kubanische ist ein Kunstwerk

© André De Geare

Wie so ein Kunstwerk unter seinen geschickten Händen entsteht, das demonstrierte, oder besser zelebrierte, der Spitzen-Torcedor Saul de los Rios gestern einem kleinen, aber hochinteressierten Publikum im Geschäft Tabak Thumann in der Mühlstraße.

Während der Zigarrendreher flink schnitt, rollte und klebte, beantwortete Louis Perez als Dolmetscher freundlich alle Fragen zu Kubas berühmtestem Exportartikel. Seit drei Monaten begleitet er los Rios auf seiner Roll & Smoke Tournee durch Deutschland.

Der Torcedor, spanisch für Dreher, ist seit 20 Jahren im Geschäft. Auch seine Lehrzeit betrug fünf Jahre. Erst dann hat ein Tabakroller alle Finessen in der Behandlung der kostbaren Blätter heraus.

So um die drei Minuten braucht ein geübter Torcedor für eine Zigarre. Bei Thumann dauerte es etwas länger, damit die Zuschauer alle Arbeitsschritte verfolgen konnten.

Zunächst bündelte er unter Tüchern ganz leicht feucht gehaltene Blätter für die Einlagen. Die stammen von ein und derselben Pflanze, aber aus drei verschiedenen Blattständen. Die unterschiedliche Intensität der Sonneneinstrahlung sorgt für unterschiedliche Geschmacksausbildung. Von andern Pflanzen kommen das Umblatt und schließlich das Deckblatt. Das besteht aus zwei Blatthälften. Die harte Mittelrippe wurde entfernt und die Ränder werden mit der Chaveta, dem wiegemesserähnlichen Schneideinstrument der Torcedores, abgeschnitten. Sie bekommen mehr Sonne als die Blattmitte, und das würde das Aroma stören.

Zum Verkleben der Blätter wird das Harz eines Baumes verwendet, der in Kanada wächst. Es ist geschmacks- und geruchslos und essbar. Das muss es sein, weil es vor allem zur Fixierung de Mundstücks verwendet wird.

Bevor die Tabakblätter für die echten handgerollten kubanischen Zigarren auf dem Tisch der Arbeiter in der Manufaktur landen, werden sie einem zweijährigen Fermentationsprozess unterzogen. Sie vergären unter Eigenwärme, und Mikroorganismen bauen dabei einen Großteil der Inhaltsstoffe, auch des Nikotins, ab. Erst das garantiert den weltberühmten weichen Genuss.

Saul de los Rios, der die post-revolutionäre Marke «St. Christobal de la Habana» mitentwickelt hat, raucht selbstverständlich seine eigenen Produkte. «Fünf am Tag», sagt er.

Die kubanischen Torcedores dürfen am Arbeitplatz so viel qualmen wie sie wollen und nach Dienstschluss zwei Zigarren mit nach Hause nehmen. Das bessert bei etwas Schwarzmarktgeschick das Einkommen auf. Denn eine Handgerollte ist kaum unter zwölf Euro zu haben.

Auf Nachfrage eines älteren Herrn bestätigte Louis Perez, dass es sich nicht um Männerfantasien handelt, wenn erzählt wird, kubanische Frauen würden die Zigarren auf ihren Oberschenkeln rollen. Das sei so.

Auch eine Anekdote zum Rauchverbot hatte Perez auf Lager. In Kuba sei diese gesetzliche Regelung für öffentliche Gebäude und Restaurants seit zwei Jahren in Kraft. «Wenn Sie also in ein Lokal gehen, sich an einen Tisch setzten, auf dem das Schild steht «Rauchen verboten» und sie stecken sich eine Zigarre an, dann kommt der Ober und nimmt das Schild weg.»