Echte Berufschance für Langzeitarbeitslose

13.01.2019, 16:02 Uhr
Echte Berufschance für Langzeitarbeitslose

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NEUMARKT — Die ersten Unternehmen haben sich in den Tagen vor und nach dem Jahreswechsel schon beim Jobcenter des Landkreises Neumarkt gemeldet, um von dem brandneuen "Teilhabechancengesetz" zu profitieren, berichtet Leiter Alfons Wagner im NN-Interview. Der Arbeitsmarkt ist leergefegt, der Fachkräftemangel enorm und der Kostenvorteil in Bezug auf neue Mitarbeiter durchaus attraktiv.

Und das regelt der neue Paragraf 16i des Sozialgesetzbuches II: Wenn Unternehmen einen Langzeitarbeitslosen sozialversicherungspflichtig anstellen, dann können sie für die Entlohnung eine hohe staatliche Unterstützung erhalten. In den ersten beiden Jahren des Beschäftigungsverhältnisses bekommen die Arbeitgeber den neuen Mitarbeiter zum Nulltarif. Im dritten, vierten und fünften Jahr sinkt der Zuschuss um jeweils zehn Prozent, so dass die Firma am Ende einen Lohnkostenzuschuss von immerhin 70 Prozent bekommt. Und das ist nicht alles: Der Staat trägt auch Weiterbildungskosten bis zu 3000 Euro.

Als besonders geförderte Mitarbeiter kommen über 25-jährige Personen in Frage, die länger als zwölf Monate arbeitslos sind und in den vergangenen sieben Jahren mindestens sechs Jahre lang Hartz-IV-Leistungen bezogen haben. Im Neumarkter Jobcenter gibt es schon ein Szenario, wie das Förderprogramm im Landkreis umgesetzt wird. Im Dezember sind 118 Langzeitarbeitslose betreut worden, die aber längst nicht alle die Bedingungen für die Wiedereingliederungsmaßnahme erfüllen. Jobcenter-Leiter Wagner kündigte gegenüber den NN an, dass voraussichtlich 20 Arbeitslose gefördert werden können. "Die große Masse werden wir allerdings damit nicht aus der Landzeitarbeitslosigkeit führen können", sagte Wagner.

Und der Chef des Neumarkter Jobcenters ist durchaus zuversichtlich, dass das Ziel des Bundesgesetzgebers in einer ganzen Reihe von Fällen erreichbar ist: Die bisher Beschäftigungslosen sollen in der Eingewöhnungszeit von fünf Jahren die Anforderungen an ihrem neuen Arbeitsplatz ausgiebig kennenlernen, beruflich Fuß fassen und am Ende nicht mehr auf die staatliche Stütze von Hartz IV angewiesen sein. Wagner: "Ich hoffe, dass dies so gelingt, wie es sich der Gesetzgeber vorstellt."

In allen Lebenslagen

Und Berlin hat sich mehr ausgedacht als nur die finanzielle Gießkanne: Die betroffenen Beschäftigten und die Arbeitgeber werden nicht alleingelassen, sondern das Jobcenter organisiert und bezahlt eine "berufsbegleitende Betreuung", Trainer, die den Menschen beim beruflichen Neustart zur Seite stehen. Und das persönliche Coaching bezieht sich idealerweise auf "alles, was die tägliche Arbeit beeinflusst, das soll umfassend sein und alle Lebenslagen abdecken", erklärt Gisela Lindemann-Kirsch.

Die Teamleiterin Markt & Integration im Neumarkter Jobcenter kündigte an, dass die Coaches regelmäßig in die jeweiligen Betriebe kommen werden, um sich möglicherweise auftretender Probleme mit dem Arbeitgeber anzunehmen. "Umfassend" heiße aber auch, dass die Betreuer den Teilnehmern an dem Programm beistehen, wenn es Ärger mit einem Vermieter gibt oder finanzielle Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt werden müssen. Ziel sei es, "dass der Kunde im Arbeitsverhältnis bleibt und seine Arbeitsleistung erbringen kann", so Gisela Lindemann-Kirsch.

Externe Trainer?

Die Gesetzesnovelle ging vor dem Jahreswechsel so kurzfristig über die Bühne, dass das Jobcenter jetzt noch an der Umsetzung feilt. Nach Angaben von Alfons Wagner steht die Entscheidung noch an, ob die Betreuung der besonders geförderten Arbeitnehmer von einem externen Bildungsträger oder von eigenem Personal übernommen wird.

Teamleiterin Lindemann-Kirsch hat sich gegenüber den NN für eine Lösung aus Bordmitteln des Jobcenters ausgesprochen: "Ich denke, das machen wir selber, wir haben das Personal dafür, und wir kriegen das selber hin."

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