Express-Rarität seltener als ein Flügeltürer

13.9.2013, 13:00 Uhr
Express-Rarität seltener als ein Flügeltürer

© Distler

Das schmucke Maschinchen ist in vornehmem Rot lackiert, der Doppelauspuff makellos verchromt, das Lampengehäuse mattsilberfarben gespritzt. Und die Express Radex 125 sieht so aus, als ob sie gerade ein paar hundert Meter entfernt im Express-Werk vom Band gerollt ist.

Express-Rarität seltener als ein Flügeltürer

© Günter Distler

Das fahrende Stück Zeitgeschichte steht im Spotlight des Stadtmuseums-Foyers, umringt von einem ganzen Pulk von Liebhabern aus der Express-Interessengemeinschaft. Mitten unter ihnen: der 86 Jahre alte Neumarkter Alfred Braun, der selbst ein Stück Motorradgeschichte verkörpert. Von 1941 bis 1958 – dem Jahr der Übernahme des Traditionsherstellers in die Nürnberger Zweirad-Union – war Braun bei Express als Schweißer beschäftigt. Und bis heute ist er „seiner“ Marke treu geblieben und macht manchmal trotz seines hohen Alters Ausfahrten mit seiner 175er aus dem Baujahr 1951.

Noch fünf bekannte Exemplare

Express-Rarität seltener als ein Flügeltürer

Im Stadtmuseum greift Alfred Braun fast liebevoll nach dem Lenker des neuen Ausstellungstückes und blickt freundlich in die Kameras der Pressefotografen. Die Express Radex 125 ist so rar, dass man einen Mercedes-SL-Flügeltürer dagegen als Massenware bezeichnen muss: Ganze fünf Stück der Variante sind nach Angaben von Peter Klesel, Vorsitzender der Express-Interessengemeinschaft, in Deutschland noch bekannt.

Express-Rarität seltener als ein Flügeltürer

Was die rote 125er so selten macht: Express hat den Doppelkolben-Zweitaktmotor der Firma Baker&Pölling aus Bad Niedernhall im Hohenloheschen in den Motorradrahmen eingebaut. Nach dem vormaligen Zündapp-Motorkonstrukteur Richard Küchen trägt der Motor in großen Lettern das Kürzel B P-K. Mit dem gut sechs PS starken Treibling wollten

Express-Rarität seltener als ein Flügeltürer

die Neumarkter Express-Werke den schweizerischen Markt erobern. Wie viele Exemplare damals in den Jahren 1952 bis 1954 in Neumarkt vom Band gerollt sind? Man weiß es nicht genau. Peter Klesel schätzt, dass es 300 bis 500 Stück waren.

Die Idee von der Expansion Richtung Alpenrepublik ließ sich nicht umsetzen: Der technisch anspruchsvolle Doppelkolben-Motor erwies sich unter anderem wegen Kühlungsproblemen als ziemlich anfällig. Am Ende lagerte eine größere Zahl der eingekauften Baker&Pölling-Motoren auf dem Dachboden der Express-Werke und rostete vor sich hin. Die Vorstellung treibt heute manchem Express-Fan das Wasser in die Augen.

Die Leihgabe stammt von dem Würzburger Sammler Klaus Hechtel. Für die Medien-Präsentation hat der IG-Vorsitzende Klesel aus seinem Bestand eine praktisch baugleiche Maschine mitgebracht – allerdings ist diese ein unrestaurierter „Scheunenfund“ mit viel Patina der vergangenen Jahrzehnte, was für Oldtimerfreunde auch seine besonderen Reize hat.

Peter Klesel kann bei solchen Anlässen auf einen umfangreichen Fundus zurückgreifen. Auskunft über die genaue Zahl kann der Oldtimer-

Experte nur nach genauem Nachzählen geben: Sieben fahrbereite Express-Motorräder hat er in der Garage stehen. Und mit allen ist er dann und wann mit der roten Nummer unterwegs. Laut Auskunft der Express-

Interessengemeinschaft sind heute noch etwa 500 „lebende“ Express-

Motorräder bekannt. Von den rund 170 Mitgliedern weltweit, unter anderem in den USA, Italien und den Niederlanden, haben die meisten mehrere Exemplare im Eigentum.

Bezahlbare Motorräder in einigermaßen ordentlichem Zustand sind praktisch nicht auf dem Markt: Wer eine Express findet, der gibt sie nie mehr her – oder höchstens als Leihgabe fürs Museum.www.express-ig.de, Stadtmuseum Neumarkt, mittwochs bis freitags und sonntags von 14 bis 17 Uhr

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