Veroperter Fasching

28.7.2014, 11:00 Uhr
Veroperter Fasching

© Anton Karg

 

Illustres Publikum im Kirchgarten von St. Lorenz: der Kaiser von China hatte von Dietfurt her den kürzesten Weg, Ministerpräsident Horst Seehofer kam von „Tannhäuser“-Alkoholator in Bayreuth, Staatssekretär Albert Füracker oder der Bundestagsabgeordnete Alois Karl hatten sowieso ein Heimspiel.

Da ließ sich die Gästeliste, die Ursula Lindl, Freundeskreis-Vorsitzende, vortrug, an Prominenz fast mit dem Herbstabend 1754 vergleichen, den sich der Kulturfreak Joseph Friedrich von Sachsen-Hildburghausen auf Schloss Hof bei Preßburg einfallen ließ. Kaiserin Maria Theresia war da, weil „Le Cinesi“ 1754 ein Teil von Hildburghausens Verkaufsstrategie war. Die Kaiserin war gerührt, Gluck bekam die bewusste Dose mit einem Honorar, das sonst höchstens für eine lange „Opera Seria“ bezahlt wurde – und Maria Theresia kaufte dem Prinzen für 400 000 Gulden das frisch gestrichene Schloss ab.

Gelangweilte Damen

Kein schlechtes Geschäft, die Opernserenade war das beste Verkaufsargument. Textdichter Pietro Metastasio hatte sich zur kaiserlichen Unterhaltung ein einfaches Konzept ausgedacht: Gelangweilte Damen am (chinesischen) Kaiserhof, ein Höfling, der gerade von der Europa-Kavaliers-Tour zurückkommt, und die sangesfreudigen Damen dann in einer Gegenüberstellung der theatralischen Stile jener Zeit. Dem geforderten Urteil entzieht sich der junge Mann geschickter als einst Paris, in dem er ein munteres Tänzchen vorschlägt.

Wenn man gleich in der Nähe vom Chinesenfaschings-Dietfurt wohnt, muss einem um dekoratives Beiwerk nicht bange sein. Schon den ganzen Nachmittag war der Kaiser durch die Gassen gezogen, jetzt traf er gleich nach dem Ministerpräsidenten hinter St. Lorenz ein: damit hatte die Aufführung schon gewonnen.

Alles von Gucci und Prada

Auch wenn sie sich zu Anfang noch ein paar andere Gags einfallen ließ: Natürlich kommt Silango von seiner Europatour nicht ohne einen mit Gucci und Prada vollgestopften Koffer zurück, natürlich lässt sich die Inszenierung nicht das Überangebot von Sängern aus Fernost entgehen.

Die „Opera incognita“, sonst auf Opernaufführungen im Schwimmbad oder Zirkus spezialisiert, bringt das deutsche Orchester (Leitung: Ernst Bartmann) und die echten Fernostsänger (Namyoung Kim, Yeonjin Choi, Minjung Yoon, Sangkyu Lee) aus München mit.

Ansonsten herzlich wenig Ideen: Zu den drei Opernszenen von der opera-seria-Tragödie bis zur commedia-dell-arte ein Tanzpaar in verschwurbelter Choreografie (bemüht: Manuela Calleja Valderrama und Yali Rivlin). Sonst nackt und nur mit eigenartigen Sitzsteinen bestückt die Bierzeltbühne.

Da war’s beim Prinzen Hildburghausen 1754 wesentlich prächtiger: ein „chinesisches Kabinett“ mit „hierzulande noch nie gesehener theatralischer Erfindung“, wie die Zeitgenossen berichten. Das ließ in Berching vielleicht der knappe Etat nicht zu. Die lautsprecherverstärkte Musik konnte nur eine Ahnung davon vermitteln, welch schöne und chinesisch kolorierte, instrumentierte Musik Gluck da einst komponiert hatte.

Der Applaus ließ lange auf sich warten. Andreas Wiedermanns bisher schwächste Inszenierungsarbeit kann der Regisseur Ende August wieder wett machen. Da führt er wieder Gluck auf: „Orpheus und Eurydike“ im Münchner Maximiliansforum unter dem Altstadtring, Gluck im Fußgänger-Unterführungs-Hades.

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