Wie Neumarkt "Hauptstadt des Fairen Handels" wurde

23.9.2019, 11:13 Uhr
Wie Neumarkt

© Foto: Alexandra Haderlein

Als Fairtrade Stadt ist die Stadt Neumarkt Teil eines internationalen Netzwerks zur Förderung des Fairen Handels. Es gibt über 600 Fairtrade Städte in Deutschland und das globale Netzwerk umfasst über 2000 Fairtrade-Towns in insgesamt 36 Ländern, darunter beispielsweise Großbritannien, Schweden, Brasilien und Libanon.

Der Titel "Hauptstadt des Fairen Handels" wird seit 18 Jahren alle zwei Jahre von der Engagement Global gGmbH vergeben, die an das Bundesentwicklungsministerium angegliedert ist. Die Idee dahinter: Weltweite Probleme sind nur zu lösen, wenn die Kommunen mit im Boot sitzen und an einem Strang ziehen.

Die Stadt Neumarkt hatte sich bereits zum sechsten Mal beworben und nach dem vierten Platz (2011), zweiten Platz (2013), dritten Platz (2015) und abermals zweiten Platz vor zwei Jahren dieses Mal das Siegerpodest erreicht und unter 100 Bewerbern große Städte wie Leipzig, Hamburg oder Nürnberg, das auf den dritten Platz kam, ausgestochen. Der Lohn ist neben dem Ruhm und einem Wanderpokal ein Preisgeld in Höhe von 70 000 Euro.

"Wir haben uns da kontinuierlich weiterentwickelt, das wurde am Ende belohnt", sagt Ralf Mützel. Die Jury habe auch honoriert, dass Nachhaltigkeitsförderung in Neumarkt in der Verwaltung verankert ist "und dass der Oberbürgermeister dahinter steht". Die Bewerbung sei aufwendig gewesen, "wir haben zwei Ordner mit 57 Projekten eingereicht". Sechs Kategorien sind vorgegeben: Strukturelle Maßnahmen, Informations- und Öffentlichkeitsarbeit, Kommunale Beschaffung, Stadtmarketing, Vermarktung und Verkauf sowie Globales Lernen. "Wer ganz vorne dabei sein will, muss in allen Bereichen etwas vorweisen können", sagt Mützel.

Faires Frühstück

Da ist etwa das FairKulturCafé, getragen von einem Verein engagierter Familien aus Neumarkt, der von der Stadt gefördert wird. "Da wird fairer Handel gelebt", sagt Mützel. Auch Schulen können Förderanträge für Umweltbildungsprojekte stellen und dafür bis zu 1000 Euro erhalten, etwa für ein faires Frühstück oder den Schulgarten.

"Bei der Fairen Metropolregion haben wir kräftig mit angeschoben", sagt Ruth Dorner. Ein großes Thema sei da die nachhaltige Beschaffung. Die Stadt Neumarkt hat hierfür Richtlinien erarbeitet, die es erlauben, nachhaltige Produkte auch dann anzuschaffen, wenn sie etwas teurer sind – zum Beispiel Arbeitskleidung für den Bauhof, die aus Fairtrade-Baumwolle hergestellt ist. Allerdings sei die Produktpalette hier noch klein, die Wertigkeit der Produkte noch unübersichtlich. Die Stadt orientiere sich beim Einkauf an vorhandenen Siegeln, etwa dem Fairtrade-Siegel oder dem Blauen Umweltengel. "Nur wenn die Kommunen hier konsequent handeln, entsteht ein Markt. Wir stehen hier ganz am Anfang, das ist ein guter, aber langer, mühsamer Weg", sagt Dorner.

Dabei gibt es auch Rückschläge, etwa beim Kaffee-to-go-Becher aus Bambus als Werbeartikel im Amt für Tourismus. "Derartige Bambusprodukte sind dann wegen des Melaningehalts bei der Stiftung Warentest durchgefallen", erklärt Dorner.

Im Bürgerhaus gilt ein Codex, dass beim Catering verstärkt vegetarische, biologisch angebaute, fair gehandelte Produkte angeboten werden müssen. "Wir wollen, dass mehr fair gehandelte Produkte in Umlauf kommen", sagt Mützel. So gibt es etwa in beiden Mittelschulen den sogenannten FAIR -O-MAT mit fairen Snacks. Im Eine Welt Laden wird der Partnerschaftswein aus Drakenstein in Südafrika angeboten, der aus einem Weingut stammt, das soziale Projekte fördert.

Der Eine Welt Laden ist auch für seine hervorragende Bildungsarbeit bekannt. Die Materialien, etwa für den "Ökologischen Fußabdruck", werden inzwischen bundesweit angefordert. "Es ist ganz wichtig, mit der Umweltbildung in Schulen und Kindergärten anzufangen", sagt Dorner.

Mit dem 70 000-Euro-Preisgeld will die Stadt Neumarkt weitere derartige Projekte fördern. "Wir werden in den nächsten Wochen Ideen entwickeln, um neue Projekte aufzubauen und bestehende zu stärken", sagt Mützel. Gerade bei den Schulen sei die Akzeptanz sehr groß. Der Prozess habe durch die "Fridays-for-Future-Bewegung" auch sehr an Dynamik gewonnen.

Mutige Gesetze nötig

"Aber es muss auch was von oben passieren, es müssen mutige Gesetze gemacht werden", fordert Dorner. So haben etwa die Niederlande vorgeschrieben, dass nur noch Fairtrade-Bananen verkauft werden dürfen. Es könnte zum Beispiel auch der Mehrwertsteuersatz für Fairtrade-Produkte gesenkt werden, schlägt Dorner vor.

Ermutigt werden die Neumarkter Akteure in Sachen Nachhaltigkeit von positiven Rückmeldungen aus der Bevölkerung. Während der Fairen Woche im September wurden bei einem Gewinnspiel 50 Preise verlost, der Hauptpreis war ein 200-Euro-Einkaufsgutschein für den Eine Welt Laden. "Danach hat eine Frau angerufen und sich ausdrücklich bedankt", erinnert sich Mützel. Sie hatte zwei Tafeln fair gehandelte Schokolade gewonnen.

Weitere Informationen zur Fairtrade Stadt Neumarkt: www.fairtrade-neumarkt.de

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