4. Juli 1969: Ornamente gerettet

4.7.2019, 07:00 Uhr
4. Juli 1969: Ornamente gerettet

© Kammler/Ulrich

Die reichverzierten Hochreliefs können Kunstliebhaber noch 14 Tage lang in der Burgerstraße 42 bewundern. Ende Juli werden die Arbeiten der Obhut der Stadt anvertraut.

An dem ehemals schmucken Haus aus dem 17. Jahrhundert hatte – wie bereits berichtet – nicht nur der Zahn der Zeit genagt. Gammler hatten das seit zwei Jahren leerstehende Barockgebäude als willkommenen Unterschlupf benutzt; Kinder spielten hier ungeniert ohne Rücksicht auf Verluste Räuber und Gendarm. Nach kurzer Zeit waren die Fensterscheiben eingeschlagen, die Türen aus den Angeln gerissen und die Wände zerstört. Die Firma Südaufbau, die das Haus gekauft hatte, um an seiner Stelle ein Wohngebäude zu errichten, drängte auf Abbruch.

Doch die Stadt legte plötzlich ihr Veto ein: sie wollte unter allen Umständen den Kuppelsaal mit der wertvollen Stuckdecke der Nachwelt erhalten. Aber zu diesem Zeitpunkt war schon abzusehen, wann die Ornamente vollständig von der Feuchtigkeit zerstört sein werden.

Die Baugesellschaft fand einen Kompromiß – zugunsten des Amtes für Denkmalpflege. Sie schenkte die Stuckdecke der Stadt und stellte sogar einen erheblichen Betrag für die Bergung zur Verfügung. Heinrich Koller, dessen Hobby-Leidenschaft ganz auf die Restauration alter Kunstwerke gerichtet ist, verbrachte fast vier Wochen hoch oben auf dem Gerüst liegend, um die Ornamente zu retten, denen die Feuchtigkeit bereits stark zugesetzt hatte. Das schwierige Verfahren hatte er einem Restaurator in Amerika abgeguckt.

Zu Hause in seiner Werkstatt wird er nun die einzelnen Ornamente vom Make-up der Jahrhunderte befreien und ihnen ihre ursprüngliche Schönheit wiedergeben. Heinrich Koller vermutet, daß der erste Besitzer des Hauses die Blumenbuketts und Figuren mit Blattgold überziehen ließ. „Hinter der Kalk-auflage habe ich noch einige Goldspuren gefunden.“

Das alte Haus kann nun abgebrochen werden, nachdem ihm der letzte Wert genommen wurde. Der Witterung wird es ohnehin nicht mehr lange standhalten können, denn auch das Dach weist jetzt erhebliche Löcher auf.

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