Zero Waste: Warum dieses Nürnberger Café ein Vorbild ist

19.9.2019, 17:17 Uhr
Zero Waste: Warum dieses Nürnberger Café ein Vorbild ist

© Roland Fengler

Deshalb hat Wirtin Kathrin Saffer in ihrem Café Kirsch nicht nur alte Möbel und ausrangiertes Geschirr zusammengetragen, sondern den Betrieb auch sonst so gut wie möglich umgestellt. Die Strohhalme bestehen aus Bambus oder Edelstahl, die Marmelade fürs Frühstück ist hausgemacht und wird in kleinen Schüsseln serviert und wer sich seinen Kuchen mit nach Hause nehmen will, sammelt Bonuspunkte, wenn er ihn in die mitgebrachte Dose packt und damit auf die Papierverpackung verzichtet.

Wer eine ganze Torte für daheim bestellt, der muss seine eigene Tortenplatte mitbringen – Saffer lehnt es ab, für den kurzen Transport nach Hause beschichtete Kartons zur Verfügung zu stellen, die dann einfach weggeworfen werden. "Aber das war wirklich noch nie ein Problem", sagt die 34-Jährige, die den meisten Müll jedoch mit einer anderen Maßnahme vermeidet: Die Milch für den Cappuccino kommt nicht aus dem Tetrapack, sondern aus Pfandflaschen direkt vom Biobauern in der Nähe von Eggolsheim.

Rund 15 Tüten pro Tag spare sie damit ein, sagt die Wirtin. Im Gelben Sack landet nur noch die Verpackung der Hafermilch, beim Restmüll kommt das Café in der Löbleinstraße mit der kleinstmöglichen Einheit, einer 60-Liter-Tonne, aus. Saffer hofft, dass ihre Ideen möglichst viele Nachahmer finden. "Wir haben schließlich nur eine Erde, es gibt keinen Planeten B." Deshalb ist sie "Zero-Waste-Heldin", das heißt, sie macht mit bei dem gleichnamigen Projekt, mit dem der Verein BluePingu Nürnberg mittelfristig zur "Zero-Waste-Stadt" werden will. Wobei das nicht ganz wörtlich zu nehmen sei, wie Vereinsmitglied Roland Mietke betont. "Uns geht es darum, dass die Stadt sich auf den Weg macht."

Zero-Waste in Städten, Privathaushalten und Firmen

Vorbilder gibt es bereits: Rund 30 Kommunen und Verbände haben sich zu "Zero-Waste-Europe" zusammengeschlossen, einem Netzwerk, das das Thema Müllvermeidung auf europäischer Ebene voranbringen will. Aus Deutschland ist bislang Kiel dabei, die Stadt hat sich offiziell zu dem Ziel bekannt, müllfrei werden zu wollen.

Das wünschen sich Mietke und seine Mitstreiterin Franziska Röder auch für Nürnberg. Zu ihrer Initiative wurden sie von zwei ganz besonderen Projekten inspiriert: So ist Penzance in Cornwall offiziell die erste plastikfreie Stadt Großbritanniens, weitere Städte wollen diesem Vorbild folgen – unter anderem, weil an den Küsten der Region besonders viel Müll angespült wird. Was sich mit Mülltrennung erreichen lässt, hat zudem eine kleine Kommune in Japan vorgemacht: Die Einwohner von Kamikatsu trennen ihren Abfall in 34 verschiedene Sorten und kommen mittlerweile auf eine Recyclingquote von über 90 Prozent. Im kommenden Jahr will die Gemeinde sogar komplett müllfrei sein.

So weit denken Mietke und Röder noch nicht. Aber mit der Nürnberger Kampagne wollen sie weitere Betriebe und Privatpersonen ins Boot holen und das Thema auch in die Kommunalpolitik tragen. Gemeinsam mit Partnern wie dem Café Kirsch hat die Gruppe Leitfäden erarbeitet, an denen sich andere Unternehmen orientieren können. Dabei gehe es einerseits ums bessere Recycling und andererseits darum, Müll erst gar nicht entstehen zu lassen.

Das gelingt durch viele verschiedene Schritte. So druckt zum Beispiel das Reisebüro ReNatour Reiseunterlagen nur noch auf ausdrücklichen Kundenwunsch aus und verzichtet auf dicke Kataloge. Nach Angaben der Firma können so rund zwei Tonnen Papier pro Jahr eingespart werden. Büroartikel bestellt der Betrieb bei einem nachhaltigen Versand, der Kugelschreiber und Co. in der Mehrwegbox liefert. Die Beispiele sollen weiteren Unternehmen Mut machen, hoffen Röder und Mietke. Noch hätten zu viele Menschen das Gefühl, mit einer korrekten Entsorgung in der Mülltonne oder im Gelben Sack wäre das Problem gelöst.

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