10. Januar 1962: Zum Parken geht’s die Rampen hinauf

10.1.2012, 07:00 Uhr
10. Januar 1962: Zum Parken geht’s die Rampen hinauf

© Slevogt

Mit dem Parkhaus an der Unteren Grasersgasse wird nicht nur ein seit Jahren geforderter Wunsch der Kraftfahrer verwirklicht, sondern auch den Vorstellungen der Stadtplanung entsprochen. Parkhäuser sollen, so meint das Baureferat, möglichst in der Nähe des Altstadt-Ringes entstehen, um den Verkehr in der Innenstadt zu entlasten und den Fahrern nicht zu weite Wege ins Zentrum zuzumuten. Das Gelände beim Sterntor erfüllt geradezu ideal diese „Richtlinien“. Sowohl vom Frauentorgraben als auch von der Innenstadt ist es leicht zu erreichen.

10. Januar 1962: Zum Parken geht’s die Rampen hinauf

© Dumbsky-Wiegand

Der Bauherr dieses Parkhauses, die „Parkhaus Nürnberg GmbH“, eine Tochtergesellschaft der „Parkgaragen GmbH München“, hat mit dieser für Nürnberg noch neuen Gebäudeart einige Erfahrungen. In mehreren süddeutschen Großstädten baute die Gesellschaft schon Parkhäuser. Das Haus in Augsburg ist das Vorbild für Nürnberg.

10. Januar 1962: Zum Parken geht’s die Rampen hinauf

© Dumbsky-Wiegand

Es ist nicht eben geschichtsträchtiger Grund auf dem das Parkhaus nach einem Entwurf von Dipl.-Ing. Gerd Wiegand, München, und der Planung und Bauleitung von Architekt Hans Dumbsky, Nürnberg, entsteht, aber es ist doch ein Stück Altstadt-Historie. Ursprünglich gehörte der Platz zu den Gärten beim Kartäusertor. Noch vor der Reformation erwarb das Gelände Propst Tucher von St. Lorenz, der es später zu einer sogenannten „Vorschickung“, einer Stiftung, machte. Bis in das 19. Jahrhundert stand in dem Garten ein Haus mit einer kleinen Kapelle, von der noch heute die Fensterverglasungen existieren. Ein originelles Überbleibsel dieses Tucherbesitzes scheint eine Quelle zu sein, die immer noch, wenn auch in ein profanes Wasserleitungsrohr gefaßt, Wasser in einen Trog sprudelt.

10. Januar 1962: Zum Parken geht’s die Rampen hinauf

© Slevogt

Schon lange ist nichts mehr von den Gärten zu sehen. Eine wenig schöne Mauer schließt den Grund zum Sterntor ab. Dahinter liegen ebenerdige Lagerhallen und Unterstellräume und entlang der Grasersgasse erstreckt sich ein mehrstöckiges wiederaufgebautes Haus aus dem vorigen Jahrhundert.

10. Januar 1962: Zum Parken geht’s die Rampen hinauf

© Slevogt

Das alles wird von Montag an der Spitzhacke zum Opfer fallen. Am 1. Mai ist der Baubeginn für das Parkhaus festgesetzt. Genau ein Jahr später soll es schon benutzt werden können. Die Lücke zwischen Sterngasse und Germanischem National-Museum wird durch einen dreigeschossigen Kopfbau geschlossen. Die Fassade ist nicht verglast, sondern durch besonders bearbeitete Platten aufgeteilt.

Der eigentliche Garagenbau liegt entlang der Unteren Grasersgasse. Er ist nach dem Rampen-Podest-System aufgeteilt. Erd-, zwei Ober- und zwei Untergeschosse sind zu einander versetzt in der Höhe. Dadurch ergeben sich zehn Parkdecks, die 429 Personenwagen und 22 Motorräder aufnehmen können. Der Kraftfahrer braucht keine Angst zu haben, einen „Drehwurm“ zu kriegen. Die Rampen zwischen den Geschossen sind bei mäßiger Steigung leicht – und übrigens im Gegenverkehr – zu befahren. Die reine Abstellfläche beträgt über 5300 Quadratmeter.

Repräsentativ und zweckmäßig wird das Erdgeschoß des Kopfbaues gestaltet. Bei der Einfahrt erhält der Fahrer beim Pförtner eine Kontrollmarke und einen Platz zugewiesen. Nach dem Abstellen des Wagens kann das Haus durch den Lift oder über Treppen verlassen werden. Wenn der Wagen abgeholt wird, hat der Fahrer an der Kasse die Parkzeit zu bezahlen. Über die Rampen verläßt er dann das Haus im Wagen. Über die Gebühren ist noch nichts bekannt.

An Plänen für weitere derartige Gebäude fehlt es nicht. In der Tafelhofstraße, zwischen „Carlton“-Hotel und „Prima“-Versicherung, nahe dem Fäbertor und zwischen Kaiser- und Adlerstraße sind weitere Projekte vorgesehen. In Nürnberg bricht endlich das Parkhaus-Zeitalter an. Zeit wird’s. 

Aus den Nürnberger Nachrichten vom 10. Januar 1962

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