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12. Juli 1971: Rodriguez kam beim Norisring-Rennen ums Leben

12.7.2021, 07:00 Uhr
12. Juli 1971: Rodriguez kam beim Norisring-Rennen ums Leben

© Schnörrer

Als das Rennen im vollen Gange war, in der zwölften Runde, ereilte den in Nürnberg beliebten mexikanischen Rennfahrer Pedro Rodriguez, der auf allen Rennpisten der Welt startete, der Rennfahrertod.

Wie es bisher den Anschein hat – die Staatsanwaltschaft wird den Vorfall eingehend untersuchen –, löste sich ein Reifen von der Felge, das Fahrzeug raste gegen eine Mauer und fing Feuer. Der schwerverletzte Rodriguez wurde sofort ins Krankenhaus gebracht, doch war ärztliche Kunst nicht imstande, dem sympathischen Mexikaner das Leben zu retten.

12. Juli 1971: Rodriguez kam beim Norisring-Rennen ums Leben

© Ulrich

Das wegen des Unglücks unterbrochene Rennen wurde später wieder aufgenommen, doch zählten vom ersten Wertungslauf nur die ersten gefahrenen elf Runden, die der Brite Chris Craft anführte. Er setzte sich auch im zweiten Lauf über 41 Runden durch und sicherte sich den Gesamtsieg. Auf den zweiten Platz kam sein Landsmann Gethin, beide McLaren-Fahrer, vor dem Schweden Bonnier und dem besten Deutschen, Georg Loos, ebenfalls auf McLaren.

Die Spannung vor Beginn des Hauptwettbewerbs, dem Interserie-Rennen, war kaum mehr zu übertreffen. Die schweißtreibende hochsommerliche Hitze, die unerwarteten Favoritenstürze bei den Läufen zur deutschen Automobil-Rundstrecken-Meisterschaft, die etwas ungewöhnlichen Trainingsergebnisse bei der Interserie, sie ließen die Stimmung beträchtlich in die Höhe schnellen.

Die Trainingszeiten waren nur schwer zu analysieren gewesen. Daß der Brite Chris Craft die beste Rundenzeit gefahren und dafür 1000 Schweizer Franken kassiert hatte, mochte noch angehen. Wieso aber der Finne Kinnunen mit dem schnellsten aller Fahrzeuge fast 1,2 Sekunden langsamer die Strecke durchfuhr, Peter Gethin (England) sogar um 3,2 Sekunden zurücklag, blieb zunächst unerklärlich.

Kelleners Fehlen bedauert

Bedauert wurde allgemein das Fehlen von KelIeners mit seiner „Superrakete“, die er offensichtlich nicht rechtzeitig in Schuß bringen konnte. Bei den bisherigen drei Interserien-Läufen fiel sie jedesmal irgendwelchen „Kinderkrankheiten“ zum Opfer und sah niemals das Ziel. Auch der bärtige Belgier Teddy Piletti ließ sich nicht in Nürnberg sehen. Aber was bedeutete schon das Fernbleiben von nur zwei Fahrern in einem Feld von „Stars“, deren Namen schon den kleinsten Buben geläufig sind.

Das Raunen unter der vielköpfigen Menge verstärkte sich, als die Rennwagen zum ersten Lauf der Interserie Aufstellung nahmen, unter ohrenbetäubendem Lärm eine Runde drehten und dann mit „fliegendem Start“ die Entscheidung suchten. Welches der 21 Fahrzeuge würde führend wieder am Ziel auftauchen und in die zweite der ersten 41 Runden „schießen“?

Gefahr schon in 2. Runde

Schon in der zweiten Runde schrien die Menschen auf, als im Auslauf des Streckenschlauches in der S-Kurve zwei Fahrzeuge bei hohem Tempo touschierten. Eines drehte sich wie ein Kreisel um die Achse, das andere schien richtungslos weiterzurasen. „Gethin hat es erwischt, und auch Weber hat Schaden“, tönte es aus dem Lautsprecher.

Doch dieser Unfall erwies sich als leichter, wie ihn die Augenzeugen sahen. Beide konnten bei der gnadenlosen Jagd weitermachen. Und nun begannen sich die Ereignisse zu überstürzen. Zunächst zog Rodriguez mit Kinnunen an der Spitze davon, unberührt davon, wie sich hinter ihnen scharfe Plazierungskämpfe abspielten.

Gethins Wagen lief nicht so richtig, sein Motor „spuckte“, doch er versuchte durchzuhalten. An den Boxen herrschte Sekunden später Hochbetrieb. Wagen um Wagen fuhr vor, um Unregelmäßigkeiten am Motor oder am Fahrwerk beheben zu lassen.

Und dann passierte in der 12. Runde jenes Unglück, mit dem niemand rechnete, bei dem ein einziger Entsetzensschrei der Massen ertönte. Kurz vor der S-Kurve bei der Tribüne verriß es den Rennwagen von Rodriguez, dem offenbar ein Reifen von der Feige gesprungen war, und prallte mit ungeheurer Wucht gegen die dort befindliche Mauer.

Sofort spritzte das Benzin aus dem Fahrzeug. Augenblicklich brannte der Rennwagen und ein Großteil der Fahrbahn, nachdem eine riesige Stichflamme hochgeschossen war. Riesige Qualmwolken erhoben sich in die Luft.

Ein zweiter Rennwagen näherte sich dem brennenden Fahrzeug, in dem Rodriguez festgeschnallt und womöglich bewußtlos saß: Kurt Hild in seinem Porsche 910. Verzweifelt bemühte er sich, eine Kollision zu vermeiden, es gelang ihm nicht ganz. Doch kamen er und sein Wagen glimpflich davon. Kinnunen nahm mit Entsetzen das Unglück schon aus weiter Entfernung wahr.

Er brachte seinen Porsche 917 Spider nur unter großer Mühe unmittelbar vor dem brennenden Rennwagen zum Stehen und raste wie gehetzt von der Rennstrecke, weil er befürchtete, es könnte jeden Moment das Fahrzeug des Mexikaners explodieren.

Inzwischen, man hörte die Feuerwehr herbeirasen, hatten sich mutige Männer bis Rodriguez vorgewagt, und einer von ihnen barg den Schwerverletzten. Er wurde sofort ins Krankenhaus gebracht, wo mehrere ernsthafte Brüche und erhebliche Brandverletzungen festgestellt wurden. Zu seinem Zustand hieß es zweideutig: „Es besteht berechtigte Hoffnung, daß er am Leben bleiben wird.“

Nach dem schweren Vorfall unterbrach Rennleiter Gernot Leistner sofort das Rennen, und während die Hilfsdienste an der Unglücksstelle ihre traurige Arbeit verrichteten, traten die Fahrer zu einer Besprechung zusammen. Man beschloß, den ersten Lauf der Interserie zu werten, wie er sich nach den bis dahin gefahrenen Runden ergab.

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