13. April 1970: Kanalbau beginnt im Stadtgebiet

13.4.2020, 07:00 Uhr
13. April 1970: Kanalbau beginnt im Stadtgebiet

© Kammler

Heuer beginnen auch im Stadtgebiet die Arbeiten am Rhein-Main-Donau-Kanal, dessen Trasse zur Zeit nur durch zahlreiche Brücken und die Schleuse Nürnberg-Nord an der Marterlach markiert wird. Für den ersten Abschnitt zwischen Vach und der Eisenbahnbrücke bei Stein sind bereits an verschiedenen Punkten Baustellen eingerichtet worden. Der Auftrag für das zweite, kleinere Baulos von Stein bis zur nächsten Eisenbahnbrücke bei Eibach wird im kommenden Monat vergeben.

Wer sich bei Oberregierungsrat Kurt Löblein, dem Chef des Wasser- und Schiffahrtsamtes Nürnberg, nach dem Fortschritt erkundigt, gewinnt zunächst einmal den Eindruck, er sei an einen Brückenbauer geraten. Aber die Brücken – und es sind nicht wenige – müssen stehen, wenn die 55 Meter breite „Wasserschlange“ herankriecht. In der Schleuse, in der später einmal die Schiffe 9,40 Meter gehoben werden, entstand inzwischen aus Beton die Sohle der Schleusenkammer samt den Füllkanälen. Außerdem ragen die ersten Betonwände aus dem Erdboden. Doch das alles sind nur Vorboten des eigentlichen Schiffahrtsweges, an den Nürnberg große wirtschaftliche Erwartungen knüpft und der erst heuer die Stadtgrenzen erreicht.

Rund 100 Millionen Mark

Doch dafür kann Kurt Löblein mit einem Superlativ aufwarten: mit dem größten Auftrag, den die Rhein-Main-Donau AG vergeben hat. Das Baulos 1 der Haltung Kriegenbrunn, die sich von der Schleuse Kriegenbrunn bis zur Schleuse Nürnberg-Nord 20 Kilometer lang erstreckt, mißt allein 15 Kilometer. Wenn dieser Abschnitt rechtzeitig zum gesteckten Termin Mitte 1971 fertiggestellt sein wird, sind 7,5 Millionen Kubikmeter Erdreich aus-gehoben und an anderer Stelle deponiert worden. Die Baukosten für das Kanalstück: rund 100 Millionen Mark.

Die Ausgaben für die restliche Strecke bis zur Schleuse Nürnberg-Nord stehen noch einmal mit einem Betrag zwischen 15 und 20 Millionen Mark zu Buch. Bis Mitte des Jahres 1972, ein früherer Termin ist wegen der Eisenbahnbrücke in Eibach nicht möglich, soll dann die Großschiffahrtsstraße den Staatshafen ereicht haben. „Die Arbeiten laufen zwar unter erheblichem Zeitdruck, aber wir liegen noch einigermaßen im Zeitprogramm“, erklärt Kurt Löblein, dem immerhin noch einige Wochen Luft bleiben bis zum großen Ereignis: der Ausstellung im Herbst 1972 zur Eröffnung der Schiffahrt bis Nürnberg.

Lauter Beton

Im wilden Südwesten der Stadt, zwischen Maiach und der Gartenstadt, haben sie mitten auf die Wiese ein Trumm Bauwerk hingestellt. Lauter Beton. Es sieht aus wie eine Brücke zum Spaß. Weil sie über gar nix führt. Später soll einmal der neue Kanal drunter durchlaufen. Lachen müßt‘ ich, wenn der wo ganz anders auftaucht. Dann kommen eines Tages die Schiffe und können nicht mehr weiter. Vielleicht haben sich die Techniker verschätzt, oder sie haben die Brücke bloß da hingestellt, wo grad Platz war.

Der Kanal soll die Nordsee mit dem Schwarzen Meer verbinden. Drum ist auch die bayerische Regierung immer dafür gewesen. Zum Roten Meer hätt‘ sie bestimmt keinen Kanal erlaubt. Wenn der Kanal wirklich fertig wird, dann haben wir da heraußen gleich zwei. Einen alten und einen neuen. Der alte heißt Ludwigs-Donau-Main-Kanal, weil ihn der König Ludwig von 1836 bis 1846 zehn Jahre lang hat bauen lassen. Wahrscheinlich hat er ganz vergessen gehabt, daß er schon ein Jahr vorher die Ludwigs-Eisenbahn erlaubt hat.

Die Eisenbahn hat dann dem Kanal gleich wieder das Wasser abgegraben. Weil sie halt viel schneller fährt als wie ein Kanalschiff und auch im Winter nicht zufriert. Nützlich ist so ein Kanal aber trotzdem. Man kann darin Fische züchten und auch viele andere Tiere beobachten: Wildenten, Bläßhühner, Bisamratten, Frösch und alle Sorten Ungeziefer. Der neue Kanal soll noch viel größer werden. Da wird man dann sicher auch Schwäne und Delphine halten. Ich freu‘ mich schon richtig drauf.

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