14. September 1969: Wilde Szenen bei der NPD

14.9.2019, 07:00 Uhr
14. September 1969: Wilde Szenen bei der NPD

© Kammler

Bei der Kundgebung in der Meistersingerhalle wetterte der Bundes-Chef gegen die Sozialdemokratie, die Christ- und Freidemokratie sowie gegen die in Bonn seit 20 Jahren betriebene Politik. Der Münchner Rechtsanwalt attackierte das sozialdemokratische Stadtregiment in der nordbayerischen Metropole, und beide zusammen zogen einträchtig gegen die außerparlamentarische Opposition los, die die Angriffe entsprechend erwiderte.

„Sieg-Heil!“ – so scholl es durch den Saal, als Adolf von Thadden und seine Begleiter eintrafen. „Sieg-Heil!“ riefen die Gegner auch später wiederholt. Oder sie klatschten rhythmisch in die Hände: „Ha Tschi Minh!“

„Es muß gelingen, bei der Oberbürgermeisterwahl der SPD eine Niederlage beizubringen. Die SPD ist gemeingefährlich. Die von ihr gesäte Zwietracht ist die Vorstufe des Bruderkrieges. Der Oberbürgermeister führt sein Amt selbstherrlich und mißachtet die in der Verfassung garantierten Rechte der Minderheit“, erklärte Dr. Huber, während die Andersgesinnten Argumente hören wollten und lautstark danach riefen. Der Kandidat der Rechten kritisierte die Ämterhäufung und wärmte im Gefecht auch die Nebenbezüge von kommunalen Wahlbeamten wieder auf, die vor Jahren einmal die Gemüter bewegt haben.

Adolf von Thadden zeigte sich als Optimist und sagte seinen Einzug in den Bundestag voraus, in dem sich die NPD dafür einsetzen werde, daß das Recht nicht eines Tages in einer kommunistischen Machtübernahme untergehen werde. Der NPD-Vorsitzende betrieb ein wenig Währungspolitik, als er die Gefahr in einer freien Konvertibilität zu einem festen Kurs erblickte, der das Auf und Ab in der Wirtschaft entgegenstehe, und ein wenig Außenpolitik, als er einen Friedensvertrag zunächst im Westen forderte, in den beim Fallen des Eisernen Vorhangs Osteuropa eintreten könne – die Sowjetunion als „eigener Kontinent“ indes ausgeklammert.

Die APO aber bekam zu hören, welche Meinung bei der NPD über sie herrscht. „Die Mitglieder sind keine Tiere, sondern Kriminelle in einer besonderen Art, Fortsetzungstäter, die wissen, daß sich der Staat an fortgesetzte Kriminalität gewöhnt'“, erklärte Adolf von Thadden, der dem Auftreten dieser Art von Opposition ein Ende setzen will – nach dem NPD-Wahlrezept: „Sicherheit durch Recht und Ordnung.“ Durch die vielen vor der Halle Wartenden Demonstranten unsicher geworden, verließ der NPD-Boß auf Schleichwegen durcn einen Hinterausgang die Meistersingerhalle.

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