1960: Bhumibol bringt Glanz der Monarchie

25.7.2010, 00:00 Uhr
1960: Bhumibol bringt Glanz der Monarchie

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So einen Aufruhr wegen des Besuchs eines Monarchen hätte Mittelfranken nicht mehr gesehen, seit 1905 der letzte deutsche Kaiser, „Willem Zwo mit dem aufgezwirbelten Schnurrbart“, das Denkmal seines Großvaters am Egidienplatz enthüllt hatte, schrieben die Nürnberger Nachrichten.

Eigentlich waren Bhumibol und Sirikit auf Deutschlandreise, um Politiker und Wirtschaftsführer zu treffen und die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern zu vertiefen. Auch deutsche Universitäten waren für Thailand wichtig. Dort sollten junge Thais lernen, ihr Land zu modernisieren. In Erlangen studierten zum Zeitpunkt des Besuchs bereits mehr als ein Dutzend von ihnen.

1960: Bhumibol bringt Glanz der Monarchie

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Die Bevölkerung war begeistert vom Besuch der Monarchen. Als die Limousine des Königs vor dem Grand Hotel am Hauptbahnhof vorfuhr, hieß der fränkische Schlachtruf: „Etz kummas!“ Die Menge stürmte auf den Wagen zu und bejubelte das Paar. Die Polizei konnte die Nürnberger nur mit Mühe zurückhalten. Oberbürgermeister Andreas Urschlechter nahm das Ganze locker: „Wenn de Leit falsch stenna, nou stennas halt falsch!“

Ein Herrscherpaar aus Fernost — das bedeutete im Nürnberg der frühen sechziger Jahre geballte Exotik: Der NN-Reporter war entzückt, nicht nur über die „asiatische Flinkheit“ des Gefolges, das 284 Gepäckstücke ins Hotel tragen musste. Besonders Sirikit, „die schönste Königin der Welt“, hatte es dem Schreiber angetan. Er lobte den „entzückenden, zart türkisfarbenen“ Sari der Königin und befand, dass ihr riesiger Strohhut „die exotische Schönheit ihres Gesichts vorteilhaft betonte“. Dass Thailand „von Generälen nach den Regeln einer eingeschränkten Demokratie regiert wird“, verkam bei so viel Glanz zur Randnotiz.

Die Menge konnte nicht genug kriegen vom Anblick des Königs und seiner Frau: Zehnmal brachte sie das Paar mit Applaus und Jubelrufen dazu, sich auf dem Hotelbalkon zu zeigen, und fotografierte eifrig den hohen Besuch. Der König revanchierte sich nicht nur, indem er selbst Bilder von der Menge machte, in den nächsten Tagen verzückte er die Nürnberger auch mit fehlerfrei ausgesprochenen Freundlichkeiten wie „Herzlichen Dank!“ und „Grüß Gott!“.

Im Kaisersaal der Burg dinierten Bhumibol und Sirikit mit Vertretern von Stadt und Freistaat. „Es war, als sei der Glanz der Monarchie zurückgekehrt“, schrieben die NN über das Bankett. Das Festessen sollte Stärkung sein für die Shopping-Tour am nächsten Tag: Bei der „Vereinigung Deutscher Spielzeughändler“ in der Moltkestraße griff vor allem die Königin zu und erstand viele Geschenke für die vier Königskinder.

Dafür brauchte sie so lange, dass die Protokollbeamten nervös wurden — der minutiös geplante Tagesablauf geriet in Gefahr. Bei den Grundig-Werken in Fürth war dagegen der König in seinem Element: Der Jazz-Fan war begeistert von einer Vorführung neuer Stereo-Schallplatten. Bhumibol, selbst Saxofonist, hatte sein Instrument zwar im Koffer, ließ sich aber zu keiner Jam-Session hinreißen — das wäre dann wohl doch zu sehr vom Protokoll abgewichen.

Nach drei Tagen in Franken — ein Abstecher zu den Bayreuther Festspielen inbegriffen, verabschiedete sich das Königspaar am Hauptbahnhof, der mit rotem Teppich ausgelegt worden war, von seinen jubelnden Gastgebern. Der König sagte artig, die Tage in Nürnberg seien die schönsten auf seiner Deutschlandreise gewesen.

Bekannter als der Präsident

Für die Nürnberger war der Besuch auch ein Akt der Selbstvergewisserung: OB Urschlechter hatte schon am ersten Tag gesagt: „Mehr als meine Worte hat die Bevölkerung gesprochen — und damit für die Weltoffenheit und Aufgeschlossenheit unserer Stadt ein schönes und beredtes Beispiel abgelegt.“

In der Euphorie um den Besuch des Königs ging fast unter, dass mit ihm der erst vor neun Monaten ins Amt gewählte Bundespräsident Heinrich Lübke erstmals Nürnberg besuchte. Im Gegensatz zu Bhumibol und Sikirit musste er an seiner Bekanntheit noch arbeiten. Die NN berichteten, dass sich ein Mädchen im Germanischen Nationalmuseum bei ihrer Mutter über Lübke erkundigte: „Wer ist denn der Onkel?“

 

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