1993: Eppeleins Pferd lag im Burggraben

30.3.2013, 14:08 Uhr
So wie auf dieser Postkarte stellte man sich die Flucht des Eppelein von Gailingen aus Nürnberg vor.

© Landesamt für Denkmalpflege/Verlag Fritz Lauterbach/Archiv So wie auf dieser Postkarte stellte man sich die Flucht des Eppelein von Gailingen aus Nürnberg vor.

  Die Fundstelle wurde sofort abgesperrt, die obligatorischen Ausgrabungen begannen. Dabei entdeckten die Verantwortlichen laut den Nürnberger Nachrichten in 60 Zentimetern Tiefe „ein nahezu vollständig erhaltenes Pferdeskelett, dessen Vorderbeine mehrere Brüche aufwiesen“. Zudem kamen vier weitere Armbrustbolzen sowie eine eiserne Lanzenspitze ans Tageslicht, die die Experten grob auf das Ende des 14. Jahrhunderts datierten.

Eine Sensation schien sich anzubahnen: Handelte es sich möglicherweise um die sterblichen Überreste des Pferdes von Eppelein von Gailingen? Eben jenem berühmt berüchtigten Raubritter aus dem Spätmittelalter, der den Nürnbergern einst durch einen tollkühnen Sprung auf seinem Pferd in den Burggraben der Nürnberger Kaiserfeste entkommen sein soll (angeblich mit dem Spruch „Die Nürnberger hängen keinen, sie hätten ihn denn zuvor“)?

Bisher galt nämlich gerade die spektakuläre Flucht des „fränkischen Robin Hood“ als Legende. Zwar wird Nürnberg-Touristen bis heute auf der Mauer der Kaiserfeste ein Hufabdruck präsentiert, den Eppelein bei seinem erwähnten Stunt dort hinterlassen haben soll.

Tatsächlich ist der besagte Mauerabschnitt jedoch weit jüngeren Datums und der Abdruck selbst eine kunstvolle Steinmetz-Arbeit.

Untersucht wie „Ötzi“

Daher war die Aufregung unter den Wissenschaftlern groß, als eine mit der C14-Methode durchgeführte Analyse des Bolzens diesen auf das Jahr 1368 datierte. Ein Jahr, das im Zeitraum des angeblichen „Mauersprungs“ lag! Des Weiteren ergab die Untersuchung, dass das edle Ross „stark und ungewöhnlich groß“ gewesen und aufgrund des Bolzens, der in seinem Kopf steckte, wohl schließlich den Tod gefunden haben musste. Damit wäre der Fund der endgültige Beweis dafür, dass der Mauersprung Eppelein von Gailingens wohl genau so stattfand wie dies die Sage erzählt.

1993: Eppeleins Pferd lag im Burggraben

Um ganz sicher zu gehen, würde der Pferdeleichnam im Mainzer Römisch-Germanischen Nationalmuseum von den gleichen Experten, die bereits die Gletschermumie „Ötzi“ unter die Lupe genommen hatten, noch eingehender untersucht werden.

Vorher, so ließen die Denkmalpfleger in den Nürnberger Nachrichten verlautbaren, sollte „allen interessierten Bürgern von 13 bis 14 Uhr in den Arbeitsräumen Auf der Burg 4/5“ die Möglichkeit gegeben werden, sich die Ergebnisse der Grabungen anzusehen. Die Funde waren in der besagten Ausgabe in Großformat abgebildet worden.

Tatsächlich stürmten über 30 Neugierige die Amtsstuben, um die archäologische Sensation zu begutachten. 20 weitere waren skeptischer und erkundigten sich zunächst telefonisch. Und zwei NN-Leser meldeten belustigt, sie hätten im Burggraben ein Hufeisen bzw. die „Original-Pferdedecke“ des Raubritter-Pferdes entdeckt.

Gefoppte Journalistin

Das Misstrauen war gerechtfertigt, war der Bericht über den „Eppelein-Gaul“ doch ausgerechnet in der NN-Ausgabe vom 1. April erschienen. Und in der Tat wurde die Meldung sehr schnell als hervorragend inszenierter Aprilscherz enttarnt.

Tatsächlich handelte es sich bei den abgelichteten Überresten des Pferdes um eine Schenkung, die vor Jahren einmal beim Amt eingegangen war. Und einige gut informierte Leser merkten an, dass der Burggraben in Wahrheit erst lange nach Eppeleins Tod ausgehoben und somit als Fundort vollkommen auszuschließen war.

Trotzdem ließen sich sogar Teile der Medien erfolgreich in den April schicken. So befand sich unter den Gefoppten beispielsweise eine Journalistin des Deutschlandfunks, die sofort nach Sichtung des Artikels einen Interviewtermin mit dem Amtsleiter beantragt hatte.

Dem „Eppelein-Kult“ schadete der Rummel jedenfalls nicht. So kam 2008 der Spielfilm „Ekkelins Knecht“ in die deutschen Kinos, der die Abenteuer von Ekkelins/Eppeleins Räuberbande zum Thema hat. Und in Burgthann, wo Eppelein unmittelbar vor seiner Hinrichtung im Kerker saß, werden seit 2005 im Dreijahresrhythmus die „Eppelein-von-Gailingen-Festspiele“ aufgeführt.

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