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21. Januar 1972: Notstand an der PH: Studenten streiken

21.1.2022, 08:18 Uhr
21. Januar 1972: Notstand an der PH: Studenten streiken

© Otto Ranke

„Ein bildungspolitischer Notstand finsterster Provenienz“ hat nach den Worten des AStA-Vorsitzenden Walter Müller zu diesem letzten Schritt der Studentenschaft geführt. Eine vernünftige Lehrerbildung sei in der augenblicklichen Situation nicht gewährleistet.

In eklatanter Weise werde den 1200 Nürnberger PH-Studenten ihr Recht auf optimale Ausbildung seit Jahren genommen. Den Notstand im Neubau an der Regensburger Straße hat AStA-Chef Müller dokumentarisch festgehalten: Gefechte um Studienplätze sind an der Tagesordnung, überfüllte Seminare führen zu einem hochschulinternen Numerus clausus. Während die Zahl der Studenten von 800 im Jahr 1968 auf 1200 gestiegen ist, wurde das Lehrangebot nur um 14 Prozent erweitert.

Verhandlungen sind gescheitert

Als einen Skandal bezeichnen die Studenten-Vertreter die Besetzung des dringend notwendigen zweiten Lehrstuhls für Pädagogik. Bis jetzt ist für dieses wesentliche Lehrfach noch kein Ruf erfolgt. Ergebnis: ein permanenter Leerstuhl. Alle Verhandlungen mit möglichen Bewerbern sind bisher in München gescheitert.

Dazu Müller: „Es wird Jahre dauern.“ Um zu kurzfristigen Lösungen zu kommen und die mindesten Voraussetzungen für Forschung und Lehre zu schaffen, fordert die PH vom Kultusministerium vorläufig 15 Tutorenstellen.

Damit wäre die Belastung der Dozenten wenigstens etwas eingeschränkt. Insgesamt bekam die Hochschule von München 14 Planstellen zugewiesen. Einziger Fehler: sie sind nicht besetzt. Die Abteilung Kultus hat kein Geld, die Türen des Finanzministeriums blieben trotz wiederholter Vorsprachen verschlossen. Selbst der Vorstand der PH hat bisher nichts erreichen können und stellt sich hinter die Forderungen der Studenten.

Zur personellen Misere kommt auch noch die Raumnot. Ein Haus, das erst vor drei Jahren bezogen wurde, platzt aus allen Nähten, „weil sein Baukonzept einem total antiquierten Lehrerbildungssystem entspricht“, sagte Prof. Dr. Henning Kößler in der Vollversammlung. „Wir können den neuen Dozenten nicht einmal einen Schreibtisch anbieten!“

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