26. September 1969: Finanzminister in der Messehalle

26.9.2019, 07:00 Uhr
26. September 1969: Finanzminister in der Messehalle

© Ulrich

Dem Redner – zuweilen von Zwischenrufern unterbrochen, mehr aber mit Beifall bedacht – waren die Strapazen des Wahlkampfes deutlich anzumerken. Nur seine Formulierungen hatten nichts an Brillanz eingebüßt.

In der Messehalle waren noch Plätze frei, als um 17.05 Uhr Franz Josef Strauß durch den Gaststätteneingang in den Saal kam, während auf der Straße Zuschauer auf ihn warteten. Flankiert von der einheimischen CSU-Prominenz und begrüßt vom Nürnberg-Fürther Bezirksvorsitzenden, dem Landtagsabgeordneten Karl Schäfer, gab der Bundesfinanzminister seine letzte Vorstellung vor dem Gang zur Wahlurne. Vor 3800 Besuchern, die trotz der Vorverlegung kamen, wandte sich der CSU-Vorsitzende gegen eine Koalition von SPD und FDP, weil sie „einen außenpolitischen Ausflug in die Traumlandschaft ostpolitischer Illusionen“ bedeute.

Von Außenpolitik war ein zweites Mal die Rede, als sich Strauß mit Willy Brandt auseinandersetzte. „Was gibt ihm das Recht, von einer Normalisierung der Beziehungen zwischen Bonn und Moskau zu sprechen?“ fragte der Bayer in Bonn, der auch nicht viel von einer Sicherheitskonferenz hielt, wie sie von der Sowjetunion gewünscht wird. „Sie hat die Aufwertung der DDR zum Ziel, will den Mantel der Vergessenheit über die Ereignisse in der Tschechoslowakei breiten, die Bundesrepublik wirtschaftlich lähmen und politisch schwächen sowei Mitteleuropa neutralisieren“.

Am Ende der Kundgebung, die bis auf einige harmlosere Zwischenfälle ruhig verlief, flog Franz Josef Strauß nach Bonn zurück. Die Polizei, die für alle Fälle noch etwas stärker vertreten war als bei der Thadden-Kundgebung in der Meistersingerhalle, und die Messehalle hermetisch abgeriegelt hatte, brauchte nicht einzugreifen. Noch während Franz Josef Strauß sprach, hatte eine anonyme Frauenstimme am Telefon angekündigt: „Um 18.30 Uhr fliegt das Gaswerk in die Luft, eine Bombe ist gelegt.“ Die Suche nach dem Sprengkörper, zu der ein Zug Schutzpolizei abgezogen worden war, endete jedoch ohne Ergebnis.

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