5. Juli 1970: Rote und Schwarze auf grünem Rasen

5.7.2020, 07:00 Uhr
5. Juli 1970: Rote und Schwarze auf grünem Rasen

© Contino

Mit Charme und Schnauze und den Herren vom schreibenden Gewerbe nicht sehr gewogen. „Hi-Ha-Ho,die Presse ist k.o.!“ Mit 7:5 Toren. Recht getan hatte Oberbürgermeister Dr. Andreas Urschlechter, als er mit dicker Decke unter dem Arm zum sogenannten Spiel des Jahres erschien. Wenn die Einnahmen auch für einen guten Zweck sind – für den Verein für Leibesübungen und Sportstättenbau – so dachte er wohl, dann braucht man wenigstens nicht zu frieren. 

Denn kühl war es auf der Tribüne, wo die Unentwegten vor sich hin zitterten. Teils vor Kälte und teils vor Angst. Denn so manche bessere Hälfte der Akteure auf dem gepflegten Rasen des Stadions bangte für Schien- und andere Knochen ihres Angetrauten. Der Ausspruch einer Stadtratsgattin: „Wenn‘s ihm nur eine neihauatn. ich trau mi net“, ist unverbürgt.

Der Herr Oberbürgermeister (Dr. Andreas Urschlechter) persönlich machte den Anstoß, doch zuvor tauschten die Mannschaften Geschenke aus. Was üblich ist. So kriegten die Stadträte von Deutschlands weitaus größter Sportzeitung „kicker-sport-magazin“ das flauschige Püppchen „Juanito“ überreicht, das einzige, was bei diesem Spiel an Mexiko erinnerte. Drei dufte Amazonen wurden zur Übergabe aufs Feld beordert und sie erfüllten ihre Aufgabe vorbildlich.

Der Stadtrat spielte penetrant in roten Trikots, wovor auch die Schwarzen in diesen Reihen nicht gefeit sind. Überhaupt verschoben sich die Fronten beträchtlich. Wenn ein Rechter links außen spielt und ein Linker in der Mitte mit einem Fallrückzieher ein Tor macht, dann ist die Welt um 20 Uhr nicht recht in Ordnung. Wenn ein Journalist, wie geschehen (Herterich heißt er), das grüne, ihm angestammte Trikot auszieht, ein rotes über seinen Luxuskörper streift und für den Gegner als zwölfter Mann auch noch ein Tor erzielt, dann ist die Welt um 20.10 Uhr zwar immer noch nicht in Ordnung, aber doch der Wirklichkeit nahe.

Das Christkindl, Zeitungsleser und überhaupt Liebhabern (platonisch) hübscher Mädchen durchaus bekannt, war auch dabei. Denn natürlich mußte auch dem anstößigen Oberbürgermeister ein Geschenk überreicht werden. Also bekam er, was er verdient: Lebkuchen. Und einen Dürer-Prospekt, damit er weiß, was (vielleicht) nächstes Jahr los ist. „Ist das alles, was Sie von Dürer wissen?“ steht darauf, und der Ober steckte das Ding gewissenhaft in die linke innere Tasche vorn Jacket.

Das Spiel selbst? Ja mei, was soll ma dazu sagen? Es war lustig und es wurde noch lustiger durch die Conference vom Herrn Buchnesia-Schubert. Die Presse, das muß ja ehrlich gesagt werden, bediente sich manchmal nicht recht fairer Mittel, wie beispielsweise des spritzenden C-Rohrs der Feuerwehr, um einen tordräuenden Ball hinwegzuspritzen. Wann‘s einen Herrn Stadtrat traf, war‘s auch nicht schlimm. Das war zwar außerhalb der Legalität, aber gerecht.

Denn die Stadträte siegten mit einer unwahrscheinlichen Brillanz. Sie schossen die Tore, sieben Stück an der Zahl, und die zwei, die Pressetorwart Angermüller freiwillig hineinließ, seien dem Pokal nicht angekreidet. Er ist jetzt, nach zweimaligem Pressebesitz, in Stadtrats Hand und beim nächstenmal, da wern wir ihn schon kriegen.

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