AdBK: Studenten zeigen ihre besten Arbeiten

12.7.2013, 10:29 Uhr
Die Studenten stellen ihre besten Arbeiten des letzten Jahres aus: Marie-Kathrin Saalfrank mit ihrem Bild "An der Regentränke".

© Stefan Hippel Die Studenten stellen ihre besten Arbeiten des letzten Jahres aus: Marie-Kathrin Saalfrank mit ihrem Bild "An der Regentränke".

Ein Spannungsmoment der Jahresschau ist, dass man findet, was man gar nicht sucht. Oder wie darf man das mehrfach ausgehängte Stück Papier sonst deuten, auf dem ein womöglich in Geldnöten steckender Kunststudent einen „Pagenanzug für Gorillas“ preisgünstig abgeben möchte?

Für 160 Euro gegen Selbstabholung komplett mit Hut ist das bei einem angeblichen Neupreis von 380 Euro fast schon ein Schnäppchen. Vielleicht besitzt ja einer der Akademiepreisgewinner das nötige Geld.

Tier und Mensch, Kultur und Natur, Fluch und Segen gedeihen gut auf dem grünen Gelände draußen in Zerzabelshof, wo die Jahresschau heuer erstmals den Erweiterungsbau mit einbeziehen kann und das Gras davor wortwörtlich zum Kunst-Rasen geworden ist: Barbara Engelhard hat große Teile des Areals mit einer kalkigen Sportfeldmarkierung überzogen; beim benachbarten „Club“ würde sie zwar keinen Blumentopf dafür gewinnen, aber die Raumfrage ist freilich beim Kicken wie in der Kunst ein weites Feld.

Neues ragt raus, und die Beiträge in zwölf Klassen-Pavillons und der erstmals eingerichteten Absolventen-Schau bedienen im Guten wie im Bösen alle Sinne und sind vielgestaltig. Die Gold- und Silberschmiede-Klasse sorgt erneut für originelle Gestaltung: Das ineinander verkeilte Mobilar des Akademie-Vortragssaals fungiert als Plattform, etwa um die fragil gepiercten Luftballons von Ann-Katharina Hartel vorzuführen; man kann sie als Broschen tragen oder zerplatzen lassen.

Anderes muffelt: Mit einem gerupften Hähnchen auf frischen Eiern, die in der Sonne verfaulend zwischen den Klassen von Heike Baranowsky und Simone Decker den Studierenden liegen, stinken wiederum verärgerte Studierende gegen den frischen Senatsbeschluss an: Die auf fünf Jahre befristeten Verträge ihrer Professorinnen werden beide nicht verlängert.

Schafzucht-Idee für die Kongresshalle

Das Abstimmungsergebnis ging mit sechs zu sechs beziehungsweise sechs zu fünf Stimmen äußerst knapp aus. Seitens des Senats spricht man von einem demokratischen Prozess. Seitens der Studierenden wird mokiert, dass nur ein Stimmberechtigter für die ganze Studentenschaft zu wenig sei; an anderen Hochschulen gäbe es bis zu vier. Bei der heutigen Eröffnung jedenfalls wird das Ganze thematisiert. Und am Samstagabend findet ein Diskussionsforum dazu statt.

Wer dabei neugierig geworden ist und über den mit Protest-Material gestalteten Innenhof die betreffenden Pavillons betritt, kann tatsächlich keinen Minderwert im Gegensatz zu anderen Klassenräumen feststellen. Dagegen sind die Pavillons der Klassen Hakimi, Brandlhuber und von Platen eher durchwachsen geraten.

Bei Baranowsky dagegen – deren sehenswerte Kunsthallen-Einzelausstellung eben endete – fällt der Apfel nicht weit vom Stamm, beziehungsweise ist der Bildschirm oft nicht weit vom Stecker: Multimediaarbeiten wie die von Bingchuan Wu und Tayoun Kims, die Blicke in den nächtlichen Wald zeigen, haben Bestand.

Für die Klasse von Simone Decker gilt das nicht minder: Bereits mit ihrem Akademie-Beitrag im Neuen Museum machte zum Beispiel die aus Persien stammende Künstlerin Somayeh Farzaneh durch ihre Aktion mit bunten, aus Kleidern ihrer Mutter genähten Augenklappen auf sich aufmerksam. Für ein ebenfalls vielschichtiges Klassenprojekt, bei dem es um Arbeiten mit Nürnberg-Bezug geht, steuert sie nicht nur eine Collage aus Fundstücken vom Areal am Reichsparteitagsgelände bei. Noch markanter ist ihr Konzept, den Nazi-Bau der Kongresshalle symbolträchtig als Schafszuchtstation umzufunktionieren; eine Fotomontage sowie eine sachliche Anleitung unter zuchtrelevanten Aspekten liefert sie mit. Sponsoren indessen sucht sie noch...

Einen Wimpel für die beste Klassenpräsentation hätte sich in diesem Jahr die Klasse Fleck verdient. Zwei hellere Räume und ein dicht behängtes Zimmer sind auch hinsichtlich der gezeigten Malerei und Objekte stark aufgeladen. Verstörend düstere Werke, speziell von Kirill Schröder, Regina Vierbacher und Nazzarena Poli Maramotti tragen dazu bei.

Unter den 31 Werken, die sich auf dem Außenareal befinden, sorgt Alexandre Karaivanovs freche „Kunstgeschichte mit Sonnencreme“ für heiteres Hingucker: Nicht mehr ganz biblisch sind nicht mehr ganz Nackte in Reizwäsche zu sehen.

Sehr ästhetisch und durchdacht sind die Farbfeldbilder und ein Siebkasten von Diego Sindbert (Klasse Hörl), in dem feiner Sand den physikalischen Gesetzen folgend zum Ornament mutiert. Katharina Geißner (Klasse Lehanka) hat eine Dunkelkammer mit Vinyltüten und fluoreszierendem Garn so sehenswert gestaltet, dass man sich tief in einem Teich wähnt: Umrisse von Einzellern wie dem Urwurm schimmern.

Kurzurlaub auf der Verkehrsinsel

Der Gang durchs Gelände lohnt sich bis hinten, wo die Bildhauer-Klasse Stevenson mit trefflichen Kunst-Positionen aufwartet. Sandra Hasenöder steuert die Arbeit „Sind die Löcher tief genug?“ bei. Die Installation aus Erdreich und Schaufel-Geräuschen spielt auf verschüttete Dörfer an der böhmischen Grenze an.

Auch nicht ohne: Das „Archipel“-Experiment ihrer Kollegin Katharina Heubner. Die Pendlerin zwischen Coburg und Nürnberg hat einen Tag und eine Nacht auf einer Verkehrsinsel Urlaub gemacht und das Abenteuer künstlerisch dokumentiert. Als Präsentationsort dient ihr grüner VW-Bus.

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