Asbest in Ex-Wohnheim: Anwohner fürchten giftigen Müll

21.2.2021, 05:54 Uhr
Asbest in Ex-Wohnheim: Anwohner fürchten giftigen Müll

© Foto: Moritz Schlenk

März 2020 war es so weit. Das Studentenwohnheim Avenariusstraße im Norden Nürnbergs schloss endgültig seine Pforten. Der weiß-blaue Bau im Containerstil hatte nach etwas mehr als 40 Jahren ausgedient, er sollte abgerissen werden. Platz machen für ein neues, moderneres "Studierendendorf".

"Gelebte Nachbarschaft" und "Lockere Gemeinschaft" waren die Stichworte des Siegerentwurfes für das neue Wohndomizil, in dem rund 400 Studierende Platz finden sollen. Im neuen Studierendendorf enthalten: eine Kindertagesstätte mit 24 Krippen- und 25 Kindergartenplätzen sowie eine Tiefgarage.

Bereits vor dem Abriss rechnete man seitens des Studentenwerkes Erlangen-Nürnberg mit einer Bauzeit von rund zwei bis drei Jahren. Seriöse Angaben waren schwierig zu treffen. Damals hieß es, die Bauzeit sei allem voran abhängig von dem noch weitgehend unbekannten Zustand des Gebäudes. Die Befürchtung, der Bau könne asbestbelastet sein, bewahrheitete sich schließlich. Festgestellt werden konnte der Asbest überwiegend in Gipskartonplatten mit asbesthaltiger Spachtelmasse. Eine Prognose, bis wann der Neubaukomplex fertiggestellt sein wird, gibt es nach Auskunft des Studentenwerks noch immer nicht.

Der Asbest des alten Gebäudes lagert nun seit September 2020 auf dem Gelände. Sehr zum Unmut der Anwohner, denn die Baureste stapeln sich in den weißen sogenannten Big Bags teils mehrere Meter hoch. Die Kunststoffgewebesäcke, auf denen – gut sichtbar – der Buchstabe "a" für Asbest prangt, sind speziell für dessen Lagerung konzipiert und sollen das Austreten von gesundheitsgefährdenden Fasern verhindern. Dennoch gibt es Bedenken. Neben dem Anblick der weißen Sackwüste, der etlichen Anwohnerinnen und Anwohnern ein Dorn im Auge ist, befürchten sie Umwelt- und Gesundheitsfolgen.

Nach Auskunft mehrerer Sachkundiger, denen Bilder der Lagerung vorgelegt wurden, besteht hier jedoch eher eine "abstrakte Gefahr". Solange die Säcke ordnungsgemäß verschlossen seien, gehe von ihnen keine akute Gefahr für Umwelt und Gesundheit aus. Das sei nach Auskunft des Umweltamtes, das die Gegebenheiten auf der Baustelle seit deren Beginn bereits vier Mal inspiziert hat, der Fall.

Dennoch geben mehrere unabhängige Sachkundige zu bedenken, dass die lange Lagerungszeit auf dem Gelände problematisch werden könnte. So sei es möglich, dass die Säcke aufgrund der widrigen Witterungsbedingungen der letzten Monate beim Abtransport aufreißen könnten. Auch wenn dies derzeit unwahrscheinlich zu sein scheint, könnten in diesem Worst-Case-Szenario Asbestfasern freigesetzt werden.

Entsorgung bis April 2021

Als "rein vorsorgliche Maßnahme" habe das Umweltamt kürzlich die Abdeckung sämtlicher Asbestsäcke auf dem Gelände angeordnet. Die weißen Säcke sollen dadurch besser vor den Witterungsbedingungen geschützt werden. Klar sei, dass die Kunststoffgewebesäcke "nicht ewig halten würden", wie das Umweltamt bestätigt. Bisher war lediglich ein kleiner Teil der weißen Big Bags provisorisch mit Holzpaletten und einer grauen Abdeckfolie überzogen.

Die Problematik der sich verzögernden Müllentsorgung sei dem Umweltamt bekannt, wie auf Nachfrage mitteilt wird. Der zeitliche Verzug sei jedoch auf eine erneute Untersuchung des asbesthaltigen Materials zurückzuführen. Nach der Entkernung der Gebäude seien unterschiedliche Asbest-Werte festgestellt worden. Dies habe eine erneute Analyse erforderlich gemacht, was für sich ein gewöhnlicher Vorgang sei.

Dennoch drängt das Umweltamt derweil auf die zeitnahe Entsorgung der weißen Säcke, dies sei bereits angelaufen. Nach derzeitigem Stand sollen die Baureste bis spätestens April 2021 endgültig abtransportiert sein. Mit der Deponie Nürnberg-Süd, auf die ein Teil des Mülls transportiert werden soll, seien bereits Sonderöffnungszeiten vereinbart worden.

Der stellvertretende Vorsitzende des Vorstadtvereins Nürnberg-Nord gibt sich trotz des zeitlichen Verzugs, über den er sich wundert, optimistisch: "Wir begleiten das Projekt weiterhin positiv." Er bleibt bei seiner vorherigen Einschätzung, wonach das Studierendenwohnheim ein Gewinn für das gesamte Viertel sei, auch wenn die derzeitige Situation "sicherlich nicht schön ist". Um die Anwohnenden zu informieren, plane man derzeit eine weitere InfoVeranstaltung, abhängig von den Pandemie-Gegebenheiten.

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