Auch in Nürnberg: Müll-Sünder machen Großstädten zu schaffen

29.1.2021, 19:35 Uhr
Kein schöner Anblick. Wilder Müll ist leider in allen Großstädten ein Problem. 

© Isabel Lauer Kein schöner Anblick. Wilder Müll ist leider in allen Großstädten ein Problem. 

Flaschencontainer sind ein ganz besonders beliebter Ort für manche, um ihren Hausmüll oder gar Sperrmüll los zu werden. Da liegt dann der kaputte CD-Player neben ausrangierten Regalen und alten Töpfen. Unglücklicher Weise hat dies zuweilen einen Nachahmer-Effekt, also landet noch mehr wilder Müll im öffentlichen Raum.

Entsorgen müssen das dann andere. So schafft der Abfallwirtschaftsbetrieb der Stadt Nürnberg (ASN) pro Jahr 630 Tonnen wilden Müll weg, die Teams vom Servicebetrieb Öffentlicher Raum (SÖR) laden nochmal 150 Tonnen davon auf ihre Transporter. Es ist eine Aufgabe, die viel Arbeit bindet – und die zulasten der Kommune geht. "SÖR und der ASN sind schon erheblich damit beschäftigt und belastet. Wir haben ganze Trupps, die Tag für Tag nur solche wilden Mülleinsätze abarbeiten", wie Bürgermeister Christian Vogel sagt, in dessen Geschäftsbereich SÖR fällt.

Spüle auf dem Gehweg

Die Fälle sind gleichbleibend auf hohem Niveau – zuweilen von unglaublichem Ausmaß. So kommt es schon mal vor, dass Mieter in einer Nacht- und Nebel-Aktion ausziehen und einfach eine halbe Küche auf dem Gehsteig landet. Eine Rücksichtslosigkeit, über die sich Vogel spürbar ärgert. "Die Menschen müssen sich im Klaren sein, dass es sich hier um kein Kavaliersdelikt handelt. Das muss geahndet werden und zwar richtig heftig."

In Gostenhof hat sich unlängst  jemand seiner Kücheneinrichtung entledigt.

In Gostenhof hat sich unlängst  jemand seiner Kücheneinrichtung entledigt. © e-arc-tmp-20210129_102128-4.jpg, NN

Dabei geht es nicht nur um den ästhetischen Aspekt oder die Behinderung für Passanten, wenn Sofas und Kühlschränke auf dem Gehweg entsorgt werden. Gefährlich wird es, wenn Sondermüll, wie etwa Altöl, in Grünflächen oder hinter Büschen landet.

Beizukommen ist dem Problem nur schwer, schließlich kann und soll der öffentliche Raum nicht komplett überwacht werden. "Wir müssen es in die Köpfe der Menschen bringen", wie es Vogel formuliert. Doch das sei nur ein Aspekt. "Wir müssen auch rechtlich mehr Handhabe bekommen."

Ruf nach Mülldetektiven

Schon heute können Bürger sich an den "Mängelmelder" der Stadt wenden und unter anderem mitteilen, wenn sie solche Müllablagerungen entdeckt haben. Doch das geht Vogel nicht weit genug. In anderen Städten, wie etwa Berlin oder auch Kommunen in Nordrhein-Westfalen setzt man auf so genannte Mülldetektive. In NRW etwa werden solche wilden Müllablagerungen auch nach möglichen Informationen durchsucht, um dem Verursacher auf die Spur kommen zu können. Wenn dies gelingt, hat der die Konsequenzen zu tragen.


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In Bayern und damit auch in Nürnberg fehlt dafür allerdings nach wie vor die rechtliche Grundlage. Bereits im vergangenen Frühjahr 2020 hatte die SPD daher einen Antrag gestellt. "Es geht darum, eine Art Hearing durchzuführen, bei dem etwa die Erfahrungen der Städte, die solche Mülldetektive haben, erläutert werden, aber auch die Juristen die derzeitigen Grundlagen erläutern", so Vogel, für den das Thema nach wie vor nicht vom Tisch ist.

Die Strafe für Müllsünder sind vergleichsweise gering für den enormen Aufwand, den solche Verstöße zuweilen nach sich ziehen. Wer heute Sperrmüll – also vom Radio, über die Matratze bis zu Kartons, unerlaubter Weise im öffentlichen Raum abstellt, muss zwischen 80 bis 240 Euro Bußgeld zahlen. So sieht es der Bayerische Bußgeldkatalog "Umweltschutz" vor. Zu wenig, wie die Oberbürgermeister von Nürnberg, Fürth, Erlangen und Schwabach Ende 2019 monierten und sich gemeinsam an das bayerische Umweltministerium wandten. Sie plädierten dafür, den Bußgeldkatalog mit Blick auf die Tatbestände und vor allem die Bußgeldhöhen anzupassen.

Phänomen der Großstadt

Auch neben Alt-Glascontainer landet gerne und immer wieder Sperrmüll. Etwa 780 Tonnen Müll müssen ASN und Sör pro Jahr wegschaffen.

Auch neben Alt-Glascontainer landet gerne und immer wieder Sperrmüll. Etwa 780 Tonnen Müll müssen ASN und Sör pro Jahr wegschaffen. © Isabel Lauer

Doch dies alleine wird nicht reichen, wie Christian Vogel glaubt. "Bußgelder, selbst wenn man sie erhöht, bringen nur dann etwas, wenn wir auch den Verursacher kennen", wie er sagt. Womit man wieder bei der Ermittlung der Verursacher und den Mülldetektiven ist.

Mit Müll-Sündern im großen Stil ist Nürnberg nicht alleine. Ob nun Berlin, Köln oder – alle Großstädte haben damit zu kämpfen. Längst tauscht sich Vogel mit anderen Großstädten zum Thema aus.

Die Idee, wie im Berliner Bürgerpark Pankow, in Grünanlagen, wie etwa im Marienbergpark, große Müll-Container einzusetzen, hat man in Nürnberg ebenfalls umgesetzt. "Das läuft gut. Die Erfahrung zeigt uns aber, das solche großen Tonnen leider natürlich auch zweckentfremdet werden. Dort wird dann der mitgebrachte Hausmüll entsorgt." Mehr noch: Diese Tonnen können das Problem mit dem wilden Müll nicht ösen: "Da ist der Kühlschrank, das Sofa, die Umzugskartons, die werden nicht in die Grünanlage zu diesen Tonnen gebracht", wie er weiß.


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Es ist ein leidiges, wie auch im Grunde überflüssiges Ärgernis, denn auch ohne Führerschein oder Fahrzeug könnte man seine alten Möbel legal loswerden: Die kostenlose Sperrmüllabfuhr holt den Müll vor der Haustür abholt. Man muss sie nur bestellen. "Genau deshalb ist ja das Vorgehen von manchen Menschen so verwunderlich", sagt Vogel.

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