Forderung nach Lebensmittelrettungsgesetz

Autobahnblockaden: Klimarebellin aus Nürnberg will sich an Protestaktion in München beteiligen

Alexander Brock

Lokales

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11.2.2022, 16:55 Uhr
Klimaaktivisten der Gruppe „Aufstand der letzten Generation“ sitzen auf der Fahrbahn der A 100 in Berlin, um gegen Lebensmittelverschwendung zu protestieren. Die Nürnbergerin Maja Winkelmann will sich demnächst an einer Protestblockade in München beteiligen.  

© Carsten Koall/dpa, NNZ Klimaaktivisten der Gruppe „Aufstand der letzten Generation“ sitzen auf der Fahrbahn der A 100 in Berlin, um gegen Lebensmittelverschwendung zu protestieren. Die Nürnbergerin Maja Winkelmann will sich demnächst an einer Protestblockade in München beteiligen.  

Sie wirkt gefasst, ganz ruhig. Ihre Prüfung für das Design-Studium hat Maja Winkelmann ganz frisch absolviert. Doch die Prüfung, die jetzt vor ihr liegt, hat es auch in sich: eine Autobahnblockade in München. Die 23-Jährige ist die erste Nürnbergerin, die sich an den seit Wochen bundesweit laufenden Blockaden von Autobahnen und Bundesstraßen der Klimarebellen mit dem Namen „ Aufstand der letzten Generation“ beteiligt.

München ist das Ziel. Die Aktion soll bald starten. Details nennt sie aus taktischen Gründen nicht. Nur soviel, dass sich ein Teil der Aktivistinnen und Aktivisten auf einer Fahrbahn festkleben wird, der andere nicht. Denn im Notfall sollen Rettungs- und Feuerwehrfahrzeuge durchkommen können. „Die Rettungsgasse wird gesichert sein“, sagt sie. Winkelmann beteiligt sich am Klima-Camp in Nürnberg, an Protesten von „Fridays for Future“ und anderen Demos, in deren Mittelpunkt die Klimakrise steht. Ganz bewusst habe sie sich nun aber dazu entschlossen, einen Gang zuzulegen und den Straßenverkehr „massiv“ zu stören.

Die Bilder sprechen eine deutliche Sprache

Der Druck auf die Politik sei nicht genug gewesen, man müsse zu anderen Mitteln greifen. „Die Störung auf Straßen, die wir dem einzelnen Menschen verursachen, steht in keinem Verhältnis zu dem, was uns bevorsteht, wenn wir es nicht schaffen, die Klimakrise noch in den Griff zu kriegen“, sagt sie.

Dass die Aktion für sie und ihre Mitstreiter unangenehm werden kann, weiß Winkelmann. Die Bilder und Filme in den sozialen Netzwerken sprechen eine deutliche Sprache. Da werden in Berlin Aktivistinnen und Aktivisten von Autofahrern angebrüllt, angegangen, angegriffen. Einige haben versucht, die Demonstranten wegzutragen. Auch die Polizei geht nicht zimperlich mit den Klimarebellen um: Sie stellt die Personalien fest, nimmt die jungen Menschen teils in Gewahrsam, für ein paar Stunden und länger. Gerichtsprozesse können folgen, auch Haftstrafen.

Die mentale Vorbereitung

Maja Winkelmann macht es trotzdem, sie handelt aus Überzeugung und sagt „Wir sind vorbereitet.“ Sie war bei einem Aktionstraining. „Da haben wir praktisch geübt, mit verschiedenen Situationen umzugehen, etwa mit aggressiven Bürgern, die uns angehen. Es geht auch um mentale Vorbereitung, wie begegne ich den Leuten, wie spreche ich sie an, wie schütze ich andere in der Blockade und wie schaffe ich das selber ruhig zu bleiben, so dass mich das persönlich nicht so stark belastet.“

Die Forderungen der Aktivistinnen und Aktivisten decken sich mit denen, die Jesuitenpater Jörg Alt und seine Mitstreiter aufgestellt haben. Es geht ihnen darum, „Containern“ zu entkriminalisieren und ein Lebensmittelrettungsgesetz zu schaffen. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, hat Pater Alt containert: Im Dezember holte er noch genießbare, aber entsorgte Lebensmittel aus Mülltonnen an Supermärkten und verteilte sie mit jungen Aktivistinnen und Aktivisten vor einem Nürnberger Discounter.

Gesetzentwurf soll vorliegen

Die Aktion sorgte in dieser Zeitung für Schlagzeilen und löste ein bundesweites Medienecho aus. Alt bekam das, was er wollte: eine Anzeige wegen „besonders schweren Diebstahls“. Der Fall liegt bei der Staatsanwaltschaft. Sein Ziel ist es, durch seine „Straftat“ die Politik herauszufordern, um diesen „Irrsinn“ im Gesetz zu beseitigen und sie dazu zu bringen, ein Lebensmittelrettungsgesetz auf den Weg zu bringen.

„Wir brauchen ein Gesetz, das Supermärkte verpflichtet, Nahrung nicht wegzuwerfen, sondern zu spenden. Es geht uns darum, die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren." Ein Gesetzesentwurf dazu soll bereits vorliegen. Er müsse nur noch unterschrieben werden. „Eine weitere Forderung ist, dass gesetzliche Grundlagen und Maßnahmen für eine echte Agrarwende festgelegt werden“, sagt Winkelmann. Die junge Frau kalkuliert eine Festnahme am Aktionstag mit ein. „Ich hoffe aber, ich dann blad wieder daheim bin.“ In jedem Fall heißt es für sie und ihre Mitstreiter im doppelten Sinne: „Wir müssen uns warm anziehen.“